Sonntag, 17. Juni 2012

Nachzipf

Kurze Rekapitulation des Finales in der Gruppe A. Griechenland schlägt Russland unerwartet 1:0, Gastgeber Polen unterliegt Tschechien 0:1. Unerwartet war auch, dass es immer noch kein 0:0 bei dieser Euro gibt.


Müsste man das Ergebnis der Gruppe A in Lehrerjargon ausdrücken, wäre wohl die Rede von auf- bzw. absteigender Tendenz. Wieso die Griechen mit einem Nicht genügend aufsteigen und die Russen mit einem Befriedigend nach Hause fahren erklärt sich letztlich aus der hohen Dramatik, die eine solche letzte Runde haben kann. Sowohl Russland gegen Griechenland als auch Tschechien gegen Polen standen dauernd auf der Kippe. Die knappen Ergebnisse machten aber letztlich alles klar: Griechenland hat das geschafft, was eigentlich keiner für möglich gehalten hat, und Polen verfiel der alten Krankheit des stark Anfangens und schnell Nachlassens. In beiden Fällen reichte ein 1:0 um die Ausgangsverhältnisse der Gruppe A auf den Kopf zu stellen.

Vielleicht hat Griechenland in diesem Turnier mal wieder nicht den tollsten Fußball gespielt; aber ich habe schon in der letzten Begegnung festgestellt, dass sich da willensmäßig was tut, was sympathisch ist und funktioniert. Dieser Trend hat sich gegen Russland fortgesetzt, das sich seinerseits ein wenig auf den Lorbeeren der ersten eineinhalb Spiele ausruhte. Die Griechen wollten weiterkommen, haben alles dafür getan und letztlich war es Karagounis, der sein Land erlöste und ins Viertenfinale schoss. Dabei gelang Russland, das in allen Statistiken außer den erlittenen Fouls und eben den erzielten Toren vorne lag, wenig. Es war, als wehrte sich der viel zitierte Fußballgott gegen den russischen Aufstieg, weil er die Griechen für ihr Engagement belohnen wollte.

Dass Tschechien weiter ist, hat auch einen zartbitteren Beigeschmack – aber auch sie haben im letzten Spiel bewiesen, dass sie dabei sein wollen. Polen hat erneut aus einigen guten Chancen nichts gemacht und hat damit gegen das Leistungsprinzip der Gruppe A verstoßen, das besagt, dass, wenn man aus nichts ein bisschen was macht, es für gewisse Gegner reichen kann. Die Polen haben das umgedreht und aus wenig nichts gemacht – eine glatte Themenverfehlung. Leider, nun ist der erste Gastgeber ausgeschieden und es kann nur noch die Ukraine auf eine Überraschung in der Gruppe D hoffen. So unerwartet das Ergebnis in der Gruppe A ist, so gerecht ist es letztlich auch. Böse Zungen mögen behaupten, dass es eh immer schon wurscht war, wer in der Gruppe aufsteigt, weil im Viertelfinale für beide Mannschaften Schluss sein sollte.

Das mag zwar richtig sein, hängt aber natürlich auch davon ab, wer heute in der Gruppe B weiterkommt – und das kann theoretisch noch jeder sein. Mit einem guten letzten Spiel könnten sich sogar noch die inferioren Niederländer in die KO-Phase retten, sie sind dabei aber auf die Mithilfe Deutschlands angewiesen – keine angenehme Ausgangslage. Wer sich den Aufstieg letztlich verdient hat, kann man (das haben wir gestern gelernt) ohnehin erst nach dem letzten Spiel sagen, es gibt aber einen Trend, der am positiven Ende Deutschland und am negativen die Niederlande stehen hat. In jedem Fall steht uns ein hoch spannender Fußballabend bevor und ich darf zum letzten mal das orange Trikot anziehen. Orange ist nämlich sicher auch die Farbe der Verzweiflung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen