Montag, 25. Juni 2012

Ein Kinderspiel

Die Grandezza des Elfmeterschießens besteht darin, den spielerischen Vorteil, den man vielleicht über 120 Minuten lang gehabt hat, mit in diese Zitterpartie zu nehmen und mit Mut und Anstand den Fußballgott milde zu stimmen. Italien hat das gestern in einem packenden Viertelfinale gegen England geschafft. So eine italienische Mannschaft habe ich überhaupt noch nie gesehen, denn sie war über weite Strecken offensivbegeistert, spielerisch einfallsreich und es gab kein ständiges Fallenlassen und Diskutieren. Irgendetwas stimmt da nicht – das sind nicht die Italiener, die ich in den letzten Jahren so verschmähen gelernt habe, jene Italiener, die dem unattraktiven Defensivfußball mit dem Weltmeistertitel 2006 die Krone aufgesetzt haben, und die letztlich dafür verantwortlich waren, dass Spaniens bzw. Barcelonas Offensivspiel von Fußballfans als Erlösung von allem Bösen gefeiert wurde. Griechenland 2004 und Italien 2006: Das waren ganz düstere Gespenster der jüngeren internationalen Fußballvergangenheit. Was machten wir Augen, als wir die Teams von Spanien, Holland und Russland 2008 bewundern durften, und wie sich das deutsche Team konsequent von einer Klotztruppe zu einer technisch wie taktisch höchst attraktiv aufspielenden Mannschaft entwickelt hat!

Und jetzt, sechs Jahre nach Italiens WM-Titel, sind wir des Tikitakas müde geworden, wurden von Holländern enttäuscht und warten noch immer auf den großen Titel für Deutschland; und plötzlich kommen da gänzlich erneute Italiener daher, die zwar immer noch über den einen oder anderen Unsympathler verfügen, die aber insgesamt gemäßigter, erträglicher, man möchte fast sagen: ein bisschen professioneller geworden sind. Italien bewegt sich zwischen der Ruhe eines Pirlos und dem Ungehorsam eines Balotelli – so waren auch beide gestern in der Partie gegen England vielleicht die besten Männer auf dem Platz. Der eine verteilte Zuckerpässe, der andere vergab spektakuläre Chancen – insgesamt wahrscheinlich alleine mehr als das ganze englische Team. Das war nicht nur spannend, sondern eben auch über weite Strecken schön anzusehen (trotz des ersten 0:0). Man möchte meinen, dass es sich dabei um eine selten gewordene Kombination handelt. Dass Italien daran den Hauptanteil hatte, das kann ich 24 Stunden danach noch immer nicht wirklich glauben!

Englands Team hat sich nach ca. einer halben Stunde aus dem Spiel zurückgezogen und spielte fortan so, wie Italien es immer getan hatte: extrem passiv, klug aber langweilig, destruktiv und eigentlich unsympathisch. Ironischerweise hatte man spätestens gegen Ende der zweiten Halbzeit das Gefühl, dass diese Engländer auf ein Elfmeterschießen aus waren – als hätte es all die Elfmeterschießen der jüngeren und älteren Vergangenheit nicht gegeben! Vielleicht war die englische Fußballseele von dem Vertrauen besetzt, dass man es diesmal schaffen, dass man irgendwann den Bann brechen würde und dass das ausgerechnet an diesem Tag passieren müsste. Darin haben sich die Engländer aber gründlich getäuscht.

Vielleicht täuschen sich auch die Deutschen, denn die argumentieren und rationalisieren momentan ganz ähnlich. Natürlich stehe man dem Angstgegner Italien gegenüber, aber diesmal werde man die Italiener besiegen, denn jede Negativserie müsse ein Ende haben und wann, wenn nicht jetzt, wenn nicht mit dieser Mannschaft, mit welcher dann? So klingt es aus bundesdeutschen Radiostationen voller Zuversicht. Und man freut sich auf dieses Spiel – ganz ehrlich! Ich glaube es den Deutschen auch. Es hätte im Halbfinale kein unangenehmerer, aber auch kein attraktiverer Gegner als Italien warten können. Dass aber Italien so unangenehm und so attraktiv gleichzeitig sein kann, das hat sich erst im gestrigen Spiel offenbart – auch, wenn man es vorher schon vermuten konnte. Das Spiel am Donnerstag hat bestes Potenzial, das spannendste und emotionalste internationale Bewerbsspiel seit langem zu werden. Oder aber es wird hässlich und eines von beiden Teams (im schlimmsten Fall alle beide) zeigt seine grausigste Fratze – dann wissen wir wenigstens, zu wem wir im Finale halten sollen!

Das schönste Gesicht hat aber momentan Italien und der Geist des italienischen Fußballs kulminiert in Andrea Pirlos Elfmeter: Der im Stil von Antonin Panenka in die Mitte geschupfte Ball steht für Wagemut, Lässigkeit, Intelligenz und das nötige Maß an Arroganz, das ein guter Fußballer einfach braucht. In gewisser Weise hat so ein Schuss natürlich auch viel mit Humor zu tun (weil hier einer, auf gut österreichisch gesagt, mit jemandem Schmäh führt) und ein Treffer wie dieser ist der beste Beweis dafür, dass Elfmeter immer nur im Kopf geschossen werden. Da passte es gut, dass Pirlos Lässigkeit auf Joe Harts gespielte Vergnügtheit traf. Dieser hatte noch vor dem Spiel verlautbart, dass er sich auf ein Elfmeterschießen freue. Dementsprechend blöd grinsend stand er dann auch im Tor, streckte den Schützen die Zunge entgegen. Montolivo ließ sich davon veräppeln, die anderen ignorierten es. Aber nur Pirlo antwortete ihm.

Den allerhaltbarsten Elfmeter so zu versenken, dass er praktisch unhaltbar ist: Da kann man sich sämtliche Statistiken und Berechnungen in die Haare schmieren – hier scheint der Geist des Fußballspiels voll durch; denn letztlich handelt es sich um ein Spiel, das Kinder irgendwann einmal spielen und lieben gelernt haben. Und genau so ein Spiel bleibt es im Kern seines Wesens auch dann, wenn es um Ruhm, Geld und Ehre geht. Die Italiener haben das schon während des Spiels immer wieder gezeigt (so wie Spanien und Holland vor vier Jahren), aber Andrea Pirlo gab uns mit seinem Elfmeter die kondensierte Variante: Es muss wie ein Kinderspiel aussehen und trotzdem für Normalsterbliche unmöglich scheinen.

Samstag, 23. Juni 2012

Heitere Glückseligkeit

Deutschland ist beruhigt. Gestern zwischen neun und elf hörte man auf den Straßen kaum mehr Autos fahren, aus allen Gärten roch es nach Gegrilltem und man ärgerte sich höchstens über den Nachbarn, der, weil er das Spiel über Satellit empfangen konnte, die deutschen Tore immer 4-5 Sekunden früher bejubelte. Heute sah man auf den Straßen zufriedene Gesichter, die große Blamage ist ausgeblieben, man hat sich mit einem klaren 4:2 gegen Griechenland erstmal als Favorit in Stellung gebracht. In der ersten Hälfte mühten sich die Deutschen noch etwas ab, zu viele Chancen, zu wenig Ausbeute – man spielte spanisch gegen wieder einmal sehr griechisch spielende Griechen. Irgendwann sprach es sich dann doch einmal durch, dass der griechische Torhüter nicht zu den Granden seiner Zunft gehört, und man probierte es dann doch einmal mit Schüssen aus der Halbdistanz (Lahm 1:0) und Flanken (Khedira 2:1).

Das Tor für die Griechen erfolgte logischerweise aus einem Konter nach deutschem Fehler im Spielaufbau (davon gab es auch ein paar – Schweinsteiger). Dass das zweite aus einem Hand-Elfmeter resultierte, wunderte auch nicht und war höchstens ein kleiner Schönheitsfehler im deutschen Ergebnis. An der Überlegenheit der Deutschen konnte jedoch keiner zweifeln. Dabei brachte erst der Ausgleich der Griechen die Wende; erst als die Griechen das schafften, was ihnen eh niemand zugetraut hätte (nämlich einen Rückstand aufzuholen), wachten die Deutschen auf und spielten konsequenter ihre Übermacht aus. Das führte zu drei weiteren Toren und zu der Erkenntnis, dass die Truppe von Jogi Löw auch in der scheinbaren „B-Besetzung“ (Schürrle und Reus für Poldi und Müller; Klose für Gomez) eine hocheffiziente Mannschaft sind.

Bundeskanzlerin Merkel versprach einen weiteren Besuch – allerdings nur unter der Bedingung, dass es die Elf auch ins Finale schafft. Wenn die Deutschen Glück haben (und das haben sie nicht selten), dann schlägt heute England irgendwie die Italiener. Aber auch wenn die Italiener sich durchsetzen sollten – was das Erwartungsgemäße wäre – darf man sich auf die Chance freuen, sich für das Halbfinal-Aus bei der Heim-WM revanchieren zu können. England seinerseits würde sich für die bittere Niederlage von vor zwei Jahren in Südafrika rächen wollen; aber auch für so viele andere Niederlagen (bei der Heim-EM 1996 zum Beispiel), die jeweils tiefe Wunden in der englischen Fußballseele hinterlassen haben. Im jeden Fall wird Deutschland im Halbfinale eine emotionale Partie zu bestreiten haben. Bis dahin darf man sich aber noch ein bisschen in der Überlegenheit sonnen, die man momentan ausstrahlt.

England gegen Italien: Das klingt vielleicht besser als es wird. Freilich garantieren diese Namen unter normalen Umständen einen Fußballklassiker, aber dafür agiert Italien momentan zu abgeklärt und die Engländer zu ungefährlich. Außer Wayne Rooney erlebt einen Ronaldo- bzw. einen Ibrahimovic-Effekt und spielt endlich so, wie der große Star in einem eigentlich mittelmäßigen Team aufzuspielen hat. Wenn es ein spannendes Match wird, ist ein knapper Sieg der Italiener (vielleicht auch in der Nachspielzeit) zu erwarten. Sollte es ein katastrophales Match werden, sehen wir das erste 0:0 gefolgt von einem Elferschießen, das die Engländer normalerweise verlieren müssten. Außer...

Eitle Wonne, diese Phase des Turniers, denn ab nun reiht sich Schlager an Schlager, KO an KO. Das Erbarmungslose wird zum Erstrebenswerten, das Glück zur Glückseligkeit, das Hässliche zum Unerträglichen. KO-Phasen steigern fußballerische Grundemotionen, sie verdichten das Spielgeschehen, poetisieren jedes Tor zur Heldentat, jede Schwalbe zur Niedertracht und jede Standardsituation zur Klimax. KO-Phasen lassen eigentlich erst erahnen, warum überhaupt Fußball gespielt wird und warum Europa- und Weltmeisterschaften zu den (medialen wie emotionalen) Großereignissen werden können, die sie zu Recht sind.





Mann des Tages: Sami Khedira. Wohl einer der besten Spieler am Platz und sorgte mit dem 2:1 für den deutschen Aufschwung.

Buhmann des Tages:
Der Nachbar mit dem Satelliten-Signal.

Freitag, 22. Juni 2012

Die Möglichkeit eines Untergangs

Portugal eliminiert Tschechien in der ersten Viertelfinalbegegnung mit 1:0: Ein Sieg, der klarer war, als das Ergebnis vermuten lässt. Heute spielt Griechenland gegen Deutschland um den Einzug ins Halbfinale - und um so viel mehr!


Warum aus dem von mir gestern getippten 3:1 dann nur ein 1:0 geworden ist, ist schnell erklärt: Ich hatte mit einem frühen Zufallstor der Tschechen gerechnet, das in der Phase fallen sollte, da sich Portugal noch warm laufen musste. Das war gestern die erste Viertelstunde, in der für Portugal wenig, für die Tschechen aber so gar nichts lief. Das Zufallstor aber fiel nicht und wollte auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht fallen. Insofern haben mich die Tschechen nur in diesem Belange enttäuscht, ansonsten spielten sie in etwa wie erwartet.

Portugal hat nur ein Tor geschossen, aber auch das war bloßer Zufall, wenn man bedenkt, dass allein C. Ronaldo schon drei Stangenschüsse hatte. Also eigentlich wäre es ein 5:1 geworden, aber daran hatte auch Petr Cech einen gewissen Anteil, der gestern wenig zugelassen und so die Chance, ein Zufallstor zu erzielen (andere Tore schießt Tschechien eh nie), bis zum Schluss aufrecht erhielt. Nur: Nach dem 1:0 für Portugal kam von den Tschechen gar nichts mehr; man war müde, kraft- und willenlos – ein würdiger Vertreter der Gruppe A also.

Der unwürdigere Gruppenkollege, Griechenland nämlich, kann zumindest das mit dem Willen besser. Und wenn der stimmt, kommt die Kraft ganz von alleine. Besonders, wenn es gegen die Deutschen geht, denn da will man sich und dem Rest Europa beweisen, dass Griechenland sich nicht an die Wand spielen lässt – auf dem Fußballplatz nicht, und auch sonst nicht. Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Deutschland ist eine Turniermannschaft, sagt man immer. Was das genau heißt, weiß zwar niemand so genau, aber es soll wohl heißen, dass die deutsche Mannschaft das Potenzial zur Steigerung während des Fortschreiten des Turniers meistens ausschöpft – zumindest bis es gegen Italien geht.

Kein leichtes Spiel also für die Griechen; wer aber glaubt, dass Deutschland sich nicht ein kleines bisschen in die Hosen macht, der liegt falsch. Freilich ist ab der KO-Phase die Angst, zu verlieren, immer gegenwärtig. Das bedeutet auch, dass der psychologische Aspekt immer wichtiger wird. Und da sehe ich die Griechen im Vorteil, denn die haben nichts zu verlieren. Und doch sind natürlich immer die, von denen man sagt, dass sie nichts zu verlieren hätten, die krassen Außenseiter. Team Deutschland sollte die Klasse und Erfahrung haben, mit einer solchen Situation umzugehen und so sehe ich am Ende dieses Abends ein solides 2:0 für Deutschland stehen.

Wenn aber... ja dann! Dann hätten wir ein EM-Spiel gesehen, über das man in beiden Ländern noch sehr, sehr lange reden wird! Vor dem Spiel können wir jedoch höchsten von der Möglichkeit eines Untergangs sprechen.



Mann des Tages: Cristiano Ronaldo zum wiederholten Male. Wenn er so weiter macht, wird er zum Spieler der EM und da müsste man nicht einmal das Finale erreichen.


Vize-Mann des Tages:
Petr Cech, der eine schwierige EM zu spielen hatte. Trotz seines Patzers gegen Griechenland natürlich bester Tscheche auf dem Feld – für den Torhüter des Turniers wird es aufgrund des frühen Ausscheidens seiner Mannschaft aber nicht reichen.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Die Enttäuschenden

Es würde doch sehr verwundern, ein Team der Gruppe D im Finale zu sehen. Frankreich und England sind nach wenig überzeugenden Leistungen weiter, Schweden bäumt sich noch einmal auf und bei der Ukraine bleibt ein schlechter Beigeschmack.


Vor Beginn der EM habe ich erwartet, dass sich Frankreich in der Gruppe D deutlich durchsetzen wird, England es schwer haben wird und Schweden gefährlich werden könnte, während die Ukraine vernachlässigbar bleibt. Von diesen Vorhersagen hat sich nur jene über England bewahrheitet und selbst die wird durch den ersten Platz, mit dem die Engländer ins Viertelfinale aufsteigen, ironischerweise noch relativiert. Ironisch ist dies deshalb, weil der erste Platz der Engländer eigentlich überhaupt nicht in Ordnung geht. Der stellt sie nämlich auf eine Stufe mit Deutschland und Spanien - und das zeigt schon, wie absurd es in dieser Gruppe D eigentlich zugegangen ist.

Die Ausgangslage vor den Spielen gestern war recht klar: Schweden war schon ausgeschieden und die Ukraine konnte sich nur mit einem Sieg noch in das Viertelfinale retten. Wie nah sie einem solchen kamen, wagte sich aber vorher keiner auszumalen! Dabei spreche ich gar nicht vom Tor, das sie zwar geschossen, aber nicht zuerkannt bekommen haben, sondern von der schwachen Leistung der Engländer, die im Spiel gegen den Gruppenaußenseiter ihr wahres Gesicht gezeigt haben. Da waren über lange Strecken weder Wille noch Weg erkennbar, da wurde gar nichts gemacht. Das englische Tor fiel freilich aus einer Standardsituation und blieb eine der wenigen beachtenswerten Aktionen des neu hinzugekommenen Wayne Rooney. Die Engländer schienen von Anfang an auf ein 0:0 zu spielen, was eigentlich bestraft hätte werden müssen.

"Hätte werden müssen" ist allerdings eine Figur, die der Fußball nicht kennt. Das zeigte sich am deutlichsten beim Tor der Ukrainer: John Terry klärte den Ball dabei hinter der Linie, was der Torrichter, dessen einziger Job im Grunde darin besteht, bei solchen Aktionen für Klarheit zu sorgen, nicht gesehen hat. Das ist problematisch, zumal es bisher schien als wäre die Einführung der Torrichter eine gute und richtige Idee gewesen. Jetzt fangen eben die Diskussionen wieder an; und das, obwohl die Aktion schon zuvor abgepfiffen hätte werden müssen, da sie aus einer Abseitsstellung entstanden war. Irgendwie lustig, denn da wurde eine Fehlentscheidung durch eine andere wieder aufgehoben. Die Engländer kümmerte das alles wenig, sie fühlten sich für das nicht gegebene Tor von Bloemfontein bei der WM gegen Deutschland vor zwei Jahre gerächt. So einfach ist Fußball manchmal - mit oder ohne "hätte werden müssen".

Die Franzosen und die Schweden haben auch ihre wahren Gesichter gezeigt. Frankreich hat sein letztes Gruppenspiel verloren und damit bewiesen, dass es auch gegen mittelklassige Gegner nicht restlos überzeugen kann. Vielleicht klappt das gegen hochklassige Gegner besser. Das zu beweisen steht jetzt gegen Spanien an - als Strafe für den zweiten Platz in dieser Gruppe der Enttäuschenden. Schweden war vor dem letzten Spiel schon raus und zeigte dann erst, was möglich gewesen wäre. Das ist schön, wenn eine Mannschaft toll spielen kann, wenn es um nichts mehr geht – aber helfen tut das niemandem. Am allerwenigstens Zlatan Ibrahimovic, dem Berufsunsympathler, der sich wohl mit dem Tor des Turniers von ebenjenem und aus der schwedischen Nationalmannschaft verabschiedet hat. Wer jetzt Europameister wird, sei ihm „scheißegal“, so ließ er erst kürzlich verlautbaren. Recht hat er, der Ibra – uns war ja auch immer scheißegal, was er sonst so macht, wenn er grad nicht auf dem Platz steht.

Ein wenig ratlos müssen wir jetzt den Viertelfinalspielen mit den Überlebenden dieser Gruppe D entgegen sehen. Hat Spanien wirklich leichtes Spiel mit diesen Franzosen, oder sind sie noch für eine Überraschung gut bzw. kann Spanien wieder an die Form vom Irland-Spiel anschließen? Normalerweise müsste ein Fixeinzug ins Halbfinale sowohl für Spanien als auch für Italien drin sein. Aber Euros haben schon manche seltsame Geschichte geschrieben und daher wissen wir, dass wir mit einem „normalerweise“ genauso weit kommen wie mit einem „hätte werden müssen“. Attraktive Viertelfinalpaarungen sind das allemal; so rein vom Klang her erinnert uns das an verregnete Nachmittage unserer Kindheit vorm Computer. Da ließ man auch gerne Italien gegen England oder Frankreich gegen Spanien spielen – niemals aber Deutschland gegen Griechenland oder Portugal gegen Tschechien!

Heute geht es mit der KO-Runde los und mit einem Spiel, auf das man sich eigentlich freuen kann. Denn erstmal steht ein Team aus der Gruppe A einem ernsthaften Gegner gegenüber, noch dazu einem, der für mich zu einem der überzeugendsten der Vorrunde gehört. Portugal sollte dieses Spiel gewinnen, um sich die Chance zu sichern, im Halbfinale gegen Spanien irgendwie unglücklich ausscheiden zu können (dieses Skript habe ich in meinem Kopf für die Portugiesen reserviert). Die Tschechen sollten dabei kein Hindernis darstellen. Doch hier haben wir schon wieder so ein Wort im Konjunktiv: mit „sollte(n)“ kommt man auch nicht weit. Irgendwie ist diese vorsichtige Vorhersagerei aber langweilig, also sag ich's frei heraus: Portugal gewinnt 3:1 und Tschechien holt sich mindestens drei gelbe Karten, wenn nicht sogar eine gelb/rote. Ronaldo trifft übrigens auch heute wieder, allerdings nicht aus einer Freistoßsituation.

Achja: Bisher gab es kein 0:0 und ab jetzt gibt es kein Unentschieden mehr; ist doch irgendwie erfreulich. Bin gespannt, ob die Engländer wieder im Elfmeterschießen ausscheiden. Gegen Italien besteht zumindest immer die Möglichkeit, dass es so weit kommt...



Mann des Tages: Zlatan Ibrahimovic – der Anti-Ronaldo, zumindest was die Verteilung unter denen angeht, die Unsympathler lässig finden. Ich kenne niemanden, der sowohl C. Ronaldo als auch Ibra gut findet. Ich mag sie beide nicht, würde aber beide gerne im selben Team spielen sehen, nur um zu beobachten, wie Ibrahimovic mit Ronaldo umgeht!


Buhmann des Tages: Oleg Blokhin, der wie ein Rumpelstilzchen an der Seitenlinie herumhüpfte, nachdem das Tor für sein Team nicht gegeben wurde. Hätte er sich mehr auf seine taktischen Möglichkeiten besonnen, wäre da vielleicht noch was drin gewesen. So aber kam das allzu „ukrainisch“ herüber – und zwar ukrainisch im schlechtesten vorurteilsbehafteten Sinne.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Fußball für Nerds

Wir schließen die Gruppe C mit einem 1:0 von Spanien über Kroatien und einem italienischen 2:0 Sieg über Irland. Die Rechnereien sind erstmal vorbei, die Favoriten wieder weiter.

Als ich vorgestern geschrieben habe, dass mich die Endspiele der Gruppe B mit dem seltsamen Aufstiegsmodus der Euro-Gruppenphase versöhnt haben, wusste ich noch gar nichts von den möglichen Aufstiegskonstellationen in Gruppe C. Dort ging es nämlich ähnlich bunt zu und wir waren über weite Strecken des Kroatien-Spanien-Spiels nicht sicher, ob die Italiener oder die Kroaten weiterkommen würden. Auch der ORF-Kommentator Thomas König kannte sich zuweilen gar nicht mehr aus. So kapierte er erst Minuten nach dem spanischen Tor, dass dieses für Kroatien eigentlich gar nichts zu bedeuten hatte, dass mit einem 1:1 Italien auch draußen wäre – oder so ähnlich. Ganz genau wusste es an diesem Abend nie jemand. Das erklärte auch die Erleichterung der italienischen Spieler nach dem Abpfiff ihrer Partie gegen Irland. Es muss ein komisches Gefühl sein, eine Partie 2:0 zu führen und sich, was den Aufstieg betrifft, nie in Sicherheit wiegen zu können.

Wie ging das also bei Punktegleichstand nochmal? Aufgestiegen ist der, der 1. mehr Punkte im direkten Vergleich holte, der 2. eine bessere Tordifferenz im direkten Vergleich hatte, der 3. mehr Tore im direkten Vergleich erzielte. Wenn dann immer noch alles gleich wäre, dann würden diese Kriterien noch einmal angewendet, und zwar diesmal nur auf die direkten Duelle zwischen den gleichplatzierten Mannschaften. Danach hätten wir noch die bessere Tordifferenz aus allen Gruppenspielen und die Anzahl der erzielten Tore aus allen Gruppenspielen zur Entscheidungsfindung heranzuziehen. Reichte das immer noch nicht, würde es sehr absurd weitergehen: Dann wird nämlich auf den UEFA-Koeffizienten geschaut und schließlich auf das Fairplay-Verhalten während der Endrunde (!?). Am Ende steht der Losentscheid, aber dass es soweit kommen kann, ist allein aufgrund der Absurdität der beiden vorhergehenden Kriterien so gut wie unmöglich. Also, alles klar? Jetzt rechnen wir das alles mit drei oder vier Mannschaften während eines Spiels durch und immer, wenn ein Tor fällt, starten wir unsere Berechnungen neu, damit wir dann am Ende sagen können „Juchee, es ist noch nicht vorbei!“ oder eben „Team X bräuchte nur noch ein Tor, wenn Team Z im Spiel gegen Y mindesten noch drei Fouls begeht, damit Team W beim Heimfahren den Diesel von der UEFA bezahlt bekommt.“ Wie ein des Rechnens kundiger Freund von mir bemerkte, hat die UEFA mit diesem Vorrunden-Modus nun endlich auch die Nerds fußballnarrisch gemacht.

Nun gut, die Gruppe C ist jetzt auch abgeschlossen und es fahren Irland (erwartungsgemäß) und Kroatien (leider) heim. Für das kroatische Team ist die Niederlage deshalb bitter, weil man gegen die Spanier auf hohem taktischen Niveau agierte und damit den Italienern ebenbürtig war, ohne Italien sein zu müssen. Dass man aber vor lauter Hosenscheißen auf das Offensivspiel vergisst (oder verzichtet), wenn man doch ein Tor bräuchte, das ist eigentlich unverzeihlich. So war es eine interessante aber unbelohnte Vorstellung von Team Hrvatska, das neben Dänemark nun als ein weiterer schmerzlicher Verlierer nach Hause fährt, den wir vermissen werden.

Das von Slaven Bilic wieder ausgezeichnet eingestellte Team neutralisierte das spanische Tikitaka (das auch schon mal wirkungsvoller ausgesehen hat) fast nach Belieben: einmal früh, noch vor der Mittellinie, dann wieder tief vor dem eigenen Strafraum. Freilich änderte das an der spanischen Ballbesitz-Übermacht nur wenig – und es kostete viel Kraft, welche die Kroaten am Ende nicht mehr aufbringen konnten, als es darum ging, die Frucht noch irgendwie im Korb unterzubringen. Dass das spanische Tor eigentlich Abseits war, ist wieder so eine Geschichte, die uns zwei Tage danach schon nicht mehr interessiert, genauso wie der vermeintlich eindeutige Elfmeter, der den Kroaten nicht zugesprochen wurde. Sich auf solche Dinge zu verlassen, stinkt nicht nur nach fauler Ausrede, sondern geht auch irgendwie am Geist des Sports vorbei. Letztlich vergaß Kroatien auf die zweite große Fußball-Maxime, die einst Sepp Herberger formulierte: „Das Runde muss ins Eckige!“ Ja, so einfach klingt das, so schwer ist das manchmal zu bewerkstelligen...

Die Italiener, von denen man aufgrund des (diesmal richtig gewählten) ORF-Fokus auf das Spanien-Spiel nur wenig sah, ließen die Rechner natürlich auch hoffen: Darauf, dass es auf einmal heißen würde „Tor in Posen!“ und man plötzlich jubelnde Trapattoni-Iren sehen würde. Diese Hoffnung zerstörte Cassano in der 35. Minute, denn da hieß es „Tor in Posen!“ und man sah statt der jubelnden Iren einen jubelnden Cassano. Man hofft ja als Fußballfan gerade bei solchen Spielen, gerade in solchen Momenten, wo alles passieren kann, wo ein Tor tatsächlich den Unterschied (nicht nur in einem, sondern womöglich in zwei Spielen) macht, auf die große kleine Sensation: Ein irisches Tor wäre so etwas gewesen und wen hätte man so eine Sensation eher gewünscht als den lieben Iren? Wieder beeindruckten deren Fans, als man diese zu hunderten Arm in Arm mit dem Rücken zum Spielfeld auf den Rängen hüpfen sah. Das evozierte sogar spontanen Applaus von der in Graz beim Public Viewing versammelten Meute. Viel schöner als die irischen Fußballer sind die irischen Fans anzusehen – leider wird das die Erkenntnis sein, mit der uns die irische Mannschaft nach dieser Euro zurücklässt. Wer die Iren auch mal einen Sieg feiern sehen will, der sollte sich ein Spiel der kommenden WM-Qualifikation ansehen – vielleicht jenes gegen Österreich?

Erwähnung finden muss auch noch das zweite Tor der Italiener: Endlich trafen nämlich beide Stürmer in einem Spiel und so durfte auch noch Mario Balotelli jubeln, dem sein Teamkollege Leonardo Bonucci nach seinem Treffer den Mund zuhielt – aus Angst, das Enfant terrible könnte wieder irgendetwas Dummes von sich geben. War vielleicht gar keine so schlechte Idee, denn nach so einem schönen Treffer (Seitfallzieher am Fünfer nach Eckball) neigen solche Charaktere gerne zum Übermut. Bonucci meinte, er hörte Balotelli irgendetwas auf Englisch sagen, das er nicht gleich verstand, also hielt er ihm lieber gleich den Mund zu. Kurios, aber so eine intelligente Konsequenz kann man nur von einem italienischen Verteidiger erwarten.

Spanien und Italien haben also die Gruppe C überstanden und so haben sich hier erwartungsgemäß die Favoriten durchgesetzt. Allerdings würde ich hier nun den zweiten Joker einfordern und die Kroaten gerne gegen die Griechen eintauschen – oder gegen irgendeinen der beiden Sieger aus der Gruppe D. Fußballerisch hätten sie sich das verdient, auch wenn ich auf die saublöden Feuerwerkskörper verzichten kann, welche die kroatischen Fans immer meinen zünden zu müssen. Das also nehmen wir aus dieser Gruppe mit: Wir hätten gerne ein kroatisches Team mit irischen Fans; das wäre für Fans, Spieler und Zuseher eine echte Bereicherung!




Mann des Tages: Slaven Bilic zum Abschied. Er ist und bleibt der charismatischste und gleichzeitig ausgefuchsteste Trainer des Turniers. Leider fand er im entscheidenden Spiel nicht den letzten Mut zur Offensive.


Buhmann des Tages: Schiedsrichter Wolfgang Stark im Spiel Spanien gegen Kroatien. Das war wieder mal ein Beispiel dafür, wie man eine Partie nicht pfeifen sollte. So zerpflückt und zerzaust war das zeitweise, dass einem das Zusehen fast verging bzw. zumindest vermiest wurde. Eigentlich beeindruckend, wie sehr im Fußball ein guter Schiedsrichter zur Attraktivität einer Partie beitragen kann.

Montag, 18. Juni 2012

Versöhnliches Ende

Die Niederlande verabschieden wir leise, den Dänen trauern wir ein wenig nach. Deutschland und Portugal haben es geschafft und sind mit jeweils einem 2:1 Sieg der Mördergruppe entkommen.


Na, war das ein Fußballabend? Die Gruppe B hat nie zu viel versprochen und gestern kam es dann zum endgültigen Showdown. Man fragt sich, wofür man drei Gruppenspiele spielen muss, wenn sich dann letztlich eh alles im dritten entscheidet. Was hätte nicht alles passieren können! Deutschland hätte nach Hause fahren können, Holland noch aufsteigen, letzten Endes ist aber alles so passiert, wie es vor dem Spiel am wahrscheinlichsten schien: Deutschland und Portugal steigen auf, die Dänen und Niederländer fahren nach Hause. Dabei hätte ich, ich habe es schon vor ein paar Tagen bekundet, überhaupt nichts dagegen gehabt, wären Dänemark und Portugal aufgestiegen... Egal, jedenfalls hat mich der gestrige Abend absolut mit dem Parallelspiel-Modus versöhnt. Und das kam so:

Die Niederländer mussten weg. Dabei sah zunächst alles so anders aus als in den Partien zuvor. Endlich löste van Marwijk seine defensiven Doppel-6er van Bommel/de Jong auf und ließ van der Vaart statt des Kapitäns und Schwiegersohns van Bommel starten. Zusätzlich nahm Marwijk auch Huntelaar mit in die Startelf und so begann Holland mit so etwas wie einem 4-1-3-2 mit einem offensiv aufspielenden Kapitän van der Vaart, was sich auch bald bezahlt machte, denn in der elften Minute erzielte jener das 1:0 für die Niederlande. Acht Minuten später schoss Podolski in Lemberg die Deutschen in Führung und so waren wir nur noch ein Tor vom gemeinsamen Aufstieg Hollands und Deutschlands entfernt. (Die Niederländer mussten ja ihr Spiel mit zwei Toren Unterschied gewinnen.)

Dann aber bekam Team Holland das polnische Syndrom und das aufregende Offensivspiel der ersten Minuten sackte zusammen (van der Vaart zog sich ebenfalls wieder etwas zurück, und so war es dann doch wieder das gute alte 4-2-3-1, nur halt mit einem Holzfuß statt zweien auf der 6er-Position) – Portugal begann mitzuspielen und rannte gegen die wie immer schwache niederländische Defensive an (diesmal mit Vlaar statt Heitinga). Wer die kennt und Portugals Angriffsspiel schon mal gesehen hat, der wusste, dass das nicht lange gut gehen würde. Holland hätte ein zweites Tor gebraucht, nicht nur des Ergebnisses wegen, sondern um den Portugiesen das Momentum zu nehmen und sich selbst Sicherheit zu geben. Doch es kam, wie es kommen musste: Der Drei-Wetter-Taft-Cowboy hatte seinen ersten großen Auftritt und netzte zum 1:1. Cristiano Ronaldo eierte zwei Spiele lang herum, vergab zig Hundertprozentige und es sah bald so aus, als wäre ein mögliches portugiesisches Debakel allein ihm zuzuschreiben. Und dann, im entscheidenden Spiel, tritt er auf und macht das erste wichtige Tor. Das hat schon Klasse, keine Frage!

Nun hatte aber 4 Minuten zuvor Krohn-Deli die Dänen wieder rehabilitiert und so stand es jetzt in beiden Partien 1:1. Den Deutschen hätte das gereicht – den Niederländern freilich nicht. Aber C. Ronaldo hatte ihnen das letzte kleine Flämmchen ausgeblasen, das sie vor dem Spiel noch entfachen hatten können. Als dann selbiger Ronaldo in der 74. Minute zum 2:1 traf, stellte das die Niederländer vor die unmögliche Aufgabe, noch drei Tore schießen zu müssen. In Charkiw war damit alles gelaufen – in Lemberg aber noch lange nicht. Denn nun waren wir nur noch ein Tor davon entfernt, auch Deutschland verabschieden zu müssen. Hätten die Dänen in dieser Phase noch das 2:1 gemacht – und an Chancen dazu mangelte es ihnen überhaupt nicht – wären Portugal und Dänemark weiter gewesen.

Dann kam Lars Bender, der Boateng in der Abwehrkette ersetzte und damit sein erstes Spiel dieser EM von Beginn an spielte, und erlöste die Deutschen von ihrem Bangen und die Dänen von ihrem Hoffen, indem er den Ball zum 2:1 in das Tor schob. Es war vielleicht das unkomplizierteste Tor dieses Turniers, aber für Fußballdeutschland das wichtigste, denn nun konnte man sagen: 9 Punkte aus drei Spielen und damit jetzt schon als die beste Vorrundenmannschaft im Viertelfinale: Das sollte Auftrieb geben. Außerdem erkannte man hier erneut, welche Luxusprobleme die Deutschen bejammern, wenn sie von Besetzungsschwierigkeiten auf manchen Positionen sprechen... Zuerst macht der fragwürdige Boateng zwei sehr gute Spiele, dann kommt sein Ersatzmann Bender und sichert mit einem Tor das Weiterkommen der Nationalelf: Deutschland, Deutschland, deine Sorgen! ...

Schade ist es um die Dänen schon. Kein Team spielt so cool wie die; kein Team ließ sich von Gegentreffern so wenig beeindrucken wie die Dänen. Man hatte das Gefühl, dass sie vollkommen auf das vertrauten, was ihnen zur Verfügung stand: ein mittelmäßiges Spielermaterial mit zwei, drei wirklichen Klasseleuten, ein ausgeklügeltes taktisches Konzept mit einem Coach, dem man blind vertrauen kann und unbedingter Kampfeswille – egal bei welcher Ausgangssituation, egal in welcher Phase des Matches. Vor allem letztere ist eine Qualität, die andere Mannschaften vermissen ließen (Polen, Russland, Holland), obwohl sie vielleicht sonst nominell besser dastanden als die Dänen. Ich würde die Dänen gerne gegen ein Team aus Gruppe A tauschen, am liebsten gegen die Tschechen, denn das Duell Griechenland-Deutschland wollen wir uns sicher nicht entgehen lassen.

Was wohl los wäre, verlöre Deutschland gegen die Griechen? Gerne würde ich die Bild-Schlagzeilen dazu lesen, gerne würde ich die Genugtuung in den Gesichtern der Griechen sehen, wenn sie den Fußball-Riesen zu Fall gebracht hätten. Europäischer könnte diese Euro gar nicht werden! Zwar habe ich mich darauf festgelegt, nur die fußballerische Seite der teilnehmenden Länder betrachten zu wollen, bei Griechenland gegen Deutschland aber wird freilich mehr im Spiel sein: Das wird eine ganz emotionale Partie, vor allem für die Griechen. Natürlich bleibt Deutschland haushoher Favorit – aber gegen Favoriten zu spielen sind die Griechen gewohnt. Das wird für die Teutonen kein Strandspaziergang auf Kos in Adiletten!

Portugal ist auch zurecht weiter. Sie spielen ansehnlichen, sehr engagierten Fußball, ohne eine besonders sympathische Mannschaft zu sein. Sie sind, obwohl ewiger Geheimfavorit, ein bisschen Überraschungsaufsteiger in dieser Gruppe. Zuvor hieß es: Wenn die Portugiesen diese Mördergruppe überstehen, dann können sie auch ins Finale kommen. Dazu müssten wir aber erstmal wissen, wer im Halbfinale auf sie warten könnte. Derzeit deutet nämlich alles auf Spanien hin. Aber bis dahin ist es bekanntlich noch eine Weile hin und ein langer Weg... Zuerst geht es für die Portugiesen nämlich gegen Tschechien. Alles andere als ein Sieg wäre nach dieser sehr soliden Vorrunde eine Enttäuschung.



Heute ermittelt die Gruppe C ihre beiden Viertelfinalisten. Spanien und Kroatien dürfen sich dabei nicht 2:2 trennen, sonst machen sie sich des Betrugs verdächtig. Italien hätte dann nämlich keine Chance mehr auf den Aufstieg, egal wie hoch sie gegen Irland gewinnen. Für Kroatien wird es gegen Spanien natürlich schwer werden; die Spanier gelten seit dem Irland-Spiel wieder als hohe Favoriten auf den Titel. Mit der „mittleren Mannschaft“ Kroatien als Gegner könnte man sich für das Viertelfinale warm machen, um dann gut vorbereitet gegen England oder Frankreich (oder die Ukraine?) „ins Feld zu ziehen“. Man muss davon ausgehen, dass die Italiener gewinnen und die Iren wieder schön singen werden. Was am Ende mehr wert ist, wird im Parallelspiel entschieden. Die Italiener täten dem Turnier in der KO-Phase besser als die Kroaten, die vielleicht Stolperstein sein könnten, aber letztlich irgendeinem der beiden großen Teams (Spanien, Deutschland) zum Fraß vorgeworfen werden. Italien hingegen hat immer (!) absolutes Finalpotenzial und ist Deutschlands Angstgegner.

Wir dürfen uns, so glaube ich, wieder auf einen hochklassigen und spannenden Fußballabend freuen. Mal sehen, ob uns heute jemand überrascht...




Mann des Tages: C. Ronaldo, da kommt man nicht drum herum. Er ist erwacht, unsympathischerweise. Es ist nur gut, dass er weniger Freistöße als früher trifft. Jedes Mal, wenn er sich so saublöd breitbeinig aufstellt und dann nicht trifft, wird dieser Firlefanz ein bisschen lächerlicher. Das ist gut so.


Buhmann des Tages: Der ORF, der, so wurde mir berichtet, das eigentlich uninteressantere Spiel (Deutschland vs. Dänemark) übertragen hat. Aber das ist die Hörigkeit der ORF-Leute gegenüber dem deutschen Fußball. Ist ja bei der Championsleague auch immer das gleiche: Wenn da z.B. Arsenal gegen Real Madrid spielt und gleichzeitig Bayern gegen Dynamo Kiew, kann man sich sicher sein, dass der ORF das Bayern-Spiel überträgt, auch wenn es da um nichts mehr geht und beim anderen um alles. Das wird dann immer damit gerechtfertigt, dass es bei uns halt doch viele Bayern-Fans gibt usf. An die Fußball-Fans denkt dabei aber nie wer. Stumpfes Denken ist das, ganz stumpfes Denken!

Sonntag, 17. Juni 2012

Nachzipf

Kurze Rekapitulation des Finales in der Gruppe A. Griechenland schlägt Russland unerwartet 1:0, Gastgeber Polen unterliegt Tschechien 0:1. Unerwartet war auch, dass es immer noch kein 0:0 bei dieser Euro gibt.


Müsste man das Ergebnis der Gruppe A in Lehrerjargon ausdrücken, wäre wohl die Rede von auf- bzw. absteigender Tendenz. Wieso die Griechen mit einem Nicht genügend aufsteigen und die Russen mit einem Befriedigend nach Hause fahren erklärt sich letztlich aus der hohen Dramatik, die eine solche letzte Runde haben kann. Sowohl Russland gegen Griechenland als auch Tschechien gegen Polen standen dauernd auf der Kippe. Die knappen Ergebnisse machten aber letztlich alles klar: Griechenland hat das geschafft, was eigentlich keiner für möglich gehalten hat, und Polen verfiel der alten Krankheit des stark Anfangens und schnell Nachlassens. In beiden Fällen reichte ein 1:0 um die Ausgangsverhältnisse der Gruppe A auf den Kopf zu stellen.

Vielleicht hat Griechenland in diesem Turnier mal wieder nicht den tollsten Fußball gespielt; aber ich habe schon in der letzten Begegnung festgestellt, dass sich da willensmäßig was tut, was sympathisch ist und funktioniert. Dieser Trend hat sich gegen Russland fortgesetzt, das sich seinerseits ein wenig auf den Lorbeeren der ersten eineinhalb Spiele ausruhte. Die Griechen wollten weiterkommen, haben alles dafür getan und letztlich war es Karagounis, der sein Land erlöste und ins Viertenfinale schoss. Dabei gelang Russland, das in allen Statistiken außer den erlittenen Fouls und eben den erzielten Toren vorne lag, wenig. Es war, als wehrte sich der viel zitierte Fußballgott gegen den russischen Aufstieg, weil er die Griechen für ihr Engagement belohnen wollte.

Dass Tschechien weiter ist, hat auch einen zartbitteren Beigeschmack – aber auch sie haben im letzten Spiel bewiesen, dass sie dabei sein wollen. Polen hat erneut aus einigen guten Chancen nichts gemacht und hat damit gegen das Leistungsprinzip der Gruppe A verstoßen, das besagt, dass, wenn man aus nichts ein bisschen was macht, es für gewisse Gegner reichen kann. Die Polen haben das umgedreht und aus wenig nichts gemacht – eine glatte Themenverfehlung. Leider, nun ist der erste Gastgeber ausgeschieden und es kann nur noch die Ukraine auf eine Überraschung in der Gruppe D hoffen. So unerwartet das Ergebnis in der Gruppe A ist, so gerecht ist es letztlich auch. Böse Zungen mögen behaupten, dass es eh immer schon wurscht war, wer in der Gruppe aufsteigt, weil im Viertelfinale für beide Mannschaften Schluss sein sollte.

Das mag zwar richtig sein, hängt aber natürlich auch davon ab, wer heute in der Gruppe B weiterkommt – und das kann theoretisch noch jeder sein. Mit einem guten letzten Spiel könnten sich sogar noch die inferioren Niederländer in die KO-Phase retten, sie sind dabei aber auf die Mithilfe Deutschlands angewiesen – keine angenehme Ausgangslage. Wer sich den Aufstieg letztlich verdient hat, kann man (das haben wir gestern gelernt) ohnehin erst nach dem letzten Spiel sagen, es gibt aber einen Trend, der am positiven Ende Deutschland und am negativen die Niederlande stehen hat. In jedem Fall steht uns ein hoch spannender Fußballabend bevor und ich darf zum letzten mal das orange Trikot anziehen. Orange ist nämlich sicher auch die Farbe der Verzweiflung.

Samstag, 16. Juni 2012

Vintage-Fußball

Es ist Halbzeit bei der Euro 2012, die letzte Runde der Gruppenphase beginnt und so heißt es ab heute auch Verzicht üben, denn die letzten Spiele finden jeweils zeitgleich statt. Freilich ist das irgendwie blöd, aber erstens will man so etwas wie den Nichtangriffspakt von Gijón verhindern und zweitens wissen wir von dieser Euro bisher, dass nicht alle Spiele 90 Minuten lang gut sind. Ich wäre ja sowieso dafür, Fußballspiele auf 60 oder meinetwegen 70 Minuten zu verkürzen. Auch müsste man die Halbzeit nicht genau nach der Hälfte machen. Was wäre zum Beispiel mit einer 50-minütigen Spielzeit plus 20-minütiger Nachspielzeit mit Golden Goal bei Unentschieden? Das wäre alles viel kompakter und man könnte sich für die EM die Qualifikation sparen und überhaupt gleich alle UEFA-Mitglieder teilnehmen lassen. Aber dann würde einer der beiden Grundpfeiler des Fußballspiels umgeworfen, nämlich, dass das Spiel 90 Minuten dauert; und das geht nicht, auch wenn man den Ball rund belassen würde.

Apropos Grundpfeiler des Fußballspiels: England gegen Schweden war gestern ein bisschen Fußball im Vintage-Stil. Zwei recht unflexible 4-4-2-Formationen standen sich da gegenüber und bolzten um die Wette. Oberhand behielten schließlich die Engländer, weil sie doch mehr als einen guten Spieler haben und das auch wissen. Die Schweden besannen sich wieder ein wenig zu viel auf den immer unsympathischer werdenden Ibrahimovic, der eigentlich vor Arroganz gar nicht mehr laufen können dürfte – tut er eh ziemlich wenig. Dem englischen Tormann nach dem Tor ins Gesicht brüllen, das ist auch eine sehr fragwürdige Geschichte. Also kann man irgendwie froh sein, dass der Herr heim fährt und vielleicht wird Schweden nach der EM sich endlich seiner entledigen. Witzig, dass er aber doch ganz gut zum AC Milan passt...

Die Engländer spielten mit einem ebenso ideenlosen System wesentlich besser, aber halt nur, weil ihre Spieler in der Gesamtheit ungleich besser als die schwedischen sind. Andy Carroll, Stürmer von Liverpool, den Trainer Roy Hodgson neu brachte, ist die englische Variante von Zlatan Ibrahimovic, nur ein bisschen sympathischer: ein unangenehm zu verteidigender, sehr zweikampfstarker Stürmer gegen den sich Wayne Rooney wie ein Balletttänzer ausnimmt. Das war gestern auch eine großartige Partie von den Herren Young und Welbeck, ohne die dieses englische Team zu erlahmen gedroht hätte (Anzeichen davon sah man ja bereits in der Partie gegen Frankreich). Auch der eingewechselte Theo Walcott brachte ordentlich Schwung in die englischen Schlachtreihen, was letztlich zum bisherigen Tor des Turniers führte – dem herrlichen Ferserl von Danny Welbeck nach super Pass von Walcott. Die Frage, ob der das so wollte oder nicht, ist wie meistens eine dumme. Natürlich will man so etwas, nur gelingt es einem halt nur manchmal. Gestern hat's gepasst und es hat den Engländern sogar den verdienten Sieg gebracht und somit das Verbleiben im Turnier gesichert.

Die Schweden fahren als zweites Team der EM fix nach Hause und darüber kann niemand so wirklich traurig sein. Überhaupt hat die Gruppe D ein wenig enttäuscht. Auch Frankreich hat es nämlich wieder nicht geschafft, in seinem zweiten Spiel den Mitfavoriten-Status zu unterstreichen. Freilich war da ein Klassenunterschied zu sehen, aber das französische Angriffsspiel muss noch viel effektiver werden, sollte es gegen Spanien oder Italien zum Einsatz kommen. Für das Halbfinale reicht das nicht. Das gilt allerdings auch für England. Sollte es England mit einer so konservativen und altbackenen Herangehensweise ins Finale schaffen, wäre das eine echte Überraschung; keine, die mir unrecht wäre, wohlgemerkt! Geld würde ich allerdings keines drauf setzen.



Jetzt heißt es noch einmal durchatmen und bis Dienstag durchhalten, dann gibt es einen Tag spielfrei. Wir starten wieder mit der Gruppe A, dem Kondensat des nicht mehr ganz so Bösen: Hier können noch alle Mannschaften die KO-Phase erreichen. Russland gelingt dies mit einem Sieg oder Unentschieden gegen Griechenland. Tschechien kann mit einem Sieg gegen Polen das Ticket lösen, es reicht aber auch ein Unentschieden, wenn die Russen nicht patzen. Polen müsste gegen Tschechien schon gewinnen – das halte ich für möglich und auch für wünschenswert. Auch die Griechen können sich mit einem Sieg gegen Russland weiterschießen. Der Aufstieg Russlands ist mehr oder weniger fix, Tschechien und Polen werden sich das zweite Viertelfinal-Ticket ausspielen.

Es beginnt also das große Abschied-Nehmen, das wohl erst morgen tragisch wird, denn da müssen wir uns von mindestens einem wirklich guten Team verabschieden (und damit meine ich jetzt nicht Holland). Einerseits ist es bitter, wenn bestimmte Teams heimfahren müssen, wohingegen bestimmte andere Teams ins Viertelfinale kommen (Gruppe A), andererseits muss man den Heimfahrern auch sagen, dass sie drei Gruppenspiele hatten und also genügend Zeit, sich für diese Euro etwas einfallen zu lassen. Wer es dann nicht packt, der packt, so einfach ist das! Und ab dem Viertelfinale gibt es sowieso Rambazamba, denn da wird der mentale Faktor immer wichtiger. Der Ball ist rund. Das Spiel dauert 90 Minuten. Günter Netzer hat tolles Haar.



Austragungsort der Vorrunde: Donezk, das mit seinen Wettereskapaden schon jetzt unvergessen ist. Im ersten Spiel erlahmten Franzosen und Engländer in den Temperaturen über 30 Grad, gestern musste das Spiel Frankreich-Ukraine für eine Stunde unterbrochen werden, weil es in Strömen regnete (schüttete) und Blitzgefahr bestand. Eine WM auf Sumatra stelle ich mir ähnlich vor. Den Fans war es großteils egal, die spielten während der Unterbrechung im Regen.


Mann des Tages: Danny Welbeck für das schönste Tor der EM.


Buhmann des Tages: Zlatan Ibrahimovic – den kann doch wirklich niemand mehr sehen.



Freitag, 15. Juni 2012

Irischer Abgang mit Stil

Public Viewings sind toll, wenn man Bierbänke und brüllende Fangruppen mag. Ich mag Bierbänke und bei den Fangruppen kommt es immer darauf an, ob es sich um SchwedInnen, singende Iren, lustige Holländer oder halt im Kroaten handelt, die ein Gebrüll anstimmen, als wollten sie in den Krieg ziehen anstatt der EU beitreten. Public Viewings sind nicht toll, wenn man sich ein Spiel genau anschauen will, d.h. sie sind vollkommen wertlos, wenn es ein sehr von Taktik geprägtes Match zu sehen gibt mit wenig Torszenen, die mit gutturalen „Uh!“s oder „Oah!“s kommentiert werden könnten. Das Match zwischen Kroatien und Italien eignete sich zwar gut für ein Public Viewing, im Nachhinein hätte ich es aber auch gern in Ruhe gesehen, denn ich bin mir nach Lektüre der gewohnten Berichterstattung sicher, dass es da mehr zu beobachten gab als gute Torchancen auf beiden Seiten. Aber auch beim Fußball-Schauen gilt dasselbe wie sonst auch: nämlich, dass man eben nicht alles haben kann. (Das wieder mal als der Weisheit letzter Schluss zu verkaufen... na servas!)

Sieht man Italien zu, hat man, trotz der nach vorne spielfreudigeren Ausrichtung dieser 2012er Mannschaft, das Gefühl, dass ein Sieg immer ein 1:0, eine Niederlage immer ein 0:1 und ein Unentschieden immer ein 1:1 sein muss. Vielleicht ist das der Grund, warum sich der italienische Fußball so gut für Wettbetrug eignet; derlei Ergebnisse sind leicht … sagen wir 'herzustellen'. Dabei war es gestern gar nicht so, als hätten die Italiener nicht das Zeug dazu gehabt, aus dem Spiel heraus ein zweites Tor zu erzielen. Vor allem am Ende der ersten Halbzeit war Italien spielerisch überlegen und konnte einige gute Chancen generieren. In der zweiten Halbzeit wurde Modrić direkt auf Pirlo angesetzt, was den Aufbau von Angriffen auf italienischer Seite viel besser unterband. Cassano und Balotelli, das stumpfeste Stürmerduo der Welt, waren nicht unauffällig, jedoch leider zu uneffektiv. Diesmal konnte auch Ersatzmann di Natale nicht die Wende herbeiführen.

Es war aber nicht nur die italienische Chancenauswertung, die dieses Spiel bei einem Unentschieden beließ; vor allem waren es die unbändigen Kroaten, die ihre Leistung vom Spiel gegen Irland noch steigern und die Italiener auch über weite Strecken unter Druck setzen konnten. Das funktioniert nur dann, wenn die Topstars (Srna, Modrić, Mandžukić) Topleistung bringen, die anderen keine Scheu vor großen Gegnern zeigen und das Team taktisch perfekt eingestellt ist (wofür Coach Slaven Bilić gesorgt hat). Dann, wenn so ein Spiel funktioniert, generiert sich erst jenes Selbstvertrauen, das man braucht, um mutig und frech gegen Teams wie Italien zu Werke zu gehen – und das hat Team Kroatien hervorragend gemacht. Sie hätten sich damit auch den Sieg verdient. Aber gegen Italien zwei Tore zu machen, das fällt selbst Europameister Spanien schwer.

Die Spanier haben das gemacht, was man von ihnen erwartet hatte. Ich habe es gestern schon gesagt, dass sie die Iren abschießen werden (was keine besonders mutige Vorhersage war) und dass es den Iren egal sein wird (was sich auf eine doch etwas überraschende Weise bewahrheitet hat). Spanien steht jetzt gut da: Sie haben im ersten Match gegen den schwersten Gruppengegner eine taktische Ausnahmevariante probiert, die gut funktioniert hat. Im zweiten Match, gegen den Gruppenschwächsten, haben sie sich mit der Standardeinstellung Selbstvertrauen geholt und allen anderen Teams dieser Euro gezeigt, dass es mit dem spanischen Zauber noch lange nicht vorbei ist. Tiki-Taka in Zahlen: 788 angekommene Pässe von insgesamt 860 (nur zum Vergleich: Team Eire passte insgesamt 254 mal, wovon 178 auch wirklich ankamen). Der Vergleich der Pass-Statistik ist freilich nicht nur ein Vergleich zweier Spielklassen, sondern eben auch der unterschiedlichen Spielweise; aber wer 600 erfolgreiche Pässe mehr spielt als der Gegner, hat auch gute Aussichten auf eine erfolgreichere Chancengenerierung und -auswertung.

Über das Match muss eigentlich nichts gesagt werden, außer, dass es ein Zeichen dafür war, dass Spanien als Favorit absolut in der Lage ist, zu überzeugen. Deutschland hat hier noch etwas nachzuholen, aber immerhin bleibt denen das letzte Gruppenspiel gegen den falschen Gruppenaußenseiter ('falsch' deshalb, weil Dänemark nur auf dem Papier das schwächste Team ist, in Wahrheit aber das einzige, das in dieser Gruppe irgendwelche Erwartungen übertroffen hat). Irland ist nun das erste Team dieser Euro, das schon fix ausgeschieden ist. Die Iren trugen das aber wie erwartet mit Fassung: Während der letzten Minuten des Spiels intonierten die irischen Fans Gesänge, wie man sie selten in Fußballstadien während einer Euro gehört hat. Man muss es selbst hören und sehen, wie Spanier und Iren in dieser Kulisse ihr Spiel fertig spielen – es klingt wie in einer Kirche. Gespenstisch irgendwie, aber für einen irischen Fußballspieler muss das wohl das absolute Gänsehaut-Feeling sein. Noch nie habe ich Fans eine Niederlage so würdig akzeptieren gesehen bzw. gehört. Fantechnisch ist das sicherlich das Highlight dieser EM und wird unmöglich zu toppen sein. Ganz große Gratulation und ein herzliches Dankeschön an die irischen Fans – würdevoller kann man nicht ausscheiden!




In der Gruppe D stehen heute die letzten Spiele der zweiten Runde an. Dabei werden England und Frankreich zeigen müssen, dass sie sich – von einander ungestört – frei spielen können. Frankreich hat es mit Andrij Schewtschenko zu tun, England spielt gegen Ibrahimovic. Eigentlich sollten sich hier die in ihrem ersten Aufeinandertreffen noch schaumgebremsten Favoriten durchsetzen, wobei man mit der Ukraine die leichtere Aufgabe für Frankreich vermutet. Aber Vorsicht, wir wissen aus dem ersten Spiel, dass beide Teams zu sehr schlechtem Fußball fähig sind! Wenn Andrij Schewtschenko nach dem furiosen ersten Spiel noch Kraft für ein zweites haben sollte, darf auch mit ihm, dem Jetzt-schon-Volkshelden, wieder gerechnet werden. Frankreich muss gewinnen, nicht nur, um die Gruppenführung zu übernehmen, sondern auch um den Geheimfavoriten-Status zu rechtfertigen.

Auch England darf an Schweden nicht scheitern; ein Unentschieden wäre nicht nur moralisch zu wenig. Schweden hingegen hat die Chance, gegen England zu beweisen, dass mit ihnen doch noch zu rechnen ist. Jedoch würde mich auch hier alles andere als eine schwedische Niederlage überraschen und auch ein bisschen enttäuschen, haben sich doch die Engländer (zumindest eine Halbzeit lang) viel besser verkauft als ihnen zugetraut wurde. Alle vier Teams sollten noch etwas in petto haben, schließlich haben sie in der letzten Runde jeweils nur eine Halbzeit lang wirklich gespielt!



Mann des Tages: Andrea Pirlo, der den ersten schönen direkten Freistoß dieser EM verwandelt hat und mit seinem etwas fortgeschrittenen Alter und seiner Spielintelligenz der italienischen Mannschaft noch einen Rest von Würde verleiht.


Buhmann des Tages: Gibt's keinen, das haben sich die beiden Spiele wirklich nicht verdient. Vielleicht der kroatische Fan, der unbedingt Feuerwerkskörper auf das Spielfeld werfen musste. Gerade an einem Tag, an dem im Anschluss die Iren so positiv aufgefallen sind, wirkt sowas im Nachhinein betrachtet noch bescheuerter, stumpfer und unsinniger als es vorher schon war.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Zwischen Ernüchterung und Begeisterung

Die Gruppe B lässt uns ein wenig ratlos zurück und wir dürfen uns über einen spannenden letzten Spieltag freuen. Das ist vor allem den Teams aus Portugal und Dänemark zu verdanken. Team Holland enttäuscht seine Fans und auch sich selbst.


Über die gestrige Begegnung zwischen Deutschland und den Niederlanden gibt es eigentlich nicht wirklich viel zu erzählen: Zu eindeutig war die Sprache des Fußballs auf dem Feld und drum herum gab's wenig Erwähnenswertes. Holland wie zuletzt gegen Dänemark mit der defensiveren Mittelfeldvariante van Bommel/de Jong, hinten wieder mit Joris Mathijsen, was aber letztlich egal war, denn die Verteidigung war wie schon gegen Dänemark in den entscheidenden Momenten leider zu verwirrt, zu langsam oder auch einfach nur zu dumm für die Deutschen. Letztlich hat Holland jedoch das Spiel im Mittelfeld verloren; gegen Schweinsteiger, Khedira und Özil fanden sie kein Mittel und ihr eigener Offensivgestalter, Wesley Snijder, blieb isoliert und konnte wenig Akzente setzen. Auch nach der Halbzeit, als van der Vaart und Huntelaar kamen, änderte sich am holländischen Spiel nur wenig, zum Schluss hin wirkten sie, als hätten sie sich schon vor langer Zeit aufgegeben, und das, obwohl ihnen sogar noch der Anschlusstreffer gelang. Pfui war das.

Deutschland agierte abgeklärt, aber wieder nicht so, wie man es sich vor dem Turnier erwartet hatte. Zwei Dinge aber sollte man hierbei bedenken: Erstens ging es gegen den nominell stärksten Gruppengegner und zweitens steigern sich die Deutschen bekanntlich im Laufe eines Turniers immer noch. Gegen Dänemark sollte man sich vielleicht auch noch nicht zu viel erwarten, denn die Deutschen sind schon so gut wie durch und die Dänen werden alles daran setzen, das Viertelfinale doch noch zu erreichen. Möglicherweise rennen sie dann ins offene Messer, gehen kläglich unter und Deutschland holt sich im letzten Gruppenspiel noch einmal ordentlich Selbstvertrauen für die KO-Runde und steigt dann als einzige Mannschaft mit 9 Punkten auf. Alles möglich, aber letztlich unwichtig.

Holland ist noch nicht raus, der Gedanke aber, dass man mit nur einem Sieg das Viertelfinale erreichen könnte, behagt mir nicht. Vor allem nicht in Bezug auf Holland, denn sie haben es sich nicht verdient. Spielerisch, taktisch und vor allem mental waren das zwei ganz bittere Spiele; es scheint, als wäre das Team, das vor vier Jahren alle überraschte, mit seinem Latein mehr oder weniger am Ende. Es wird Zeit für etwas Neues. Vor allem im Vergleich zu Portugal und Dänemark – zwei Mannschaften, denen zuzusehen eine einzige Freude ist – sind die Holländer klar die schwächste Mannschaft dieser Gruppe und würden vollkommen zurecht ausscheiden. Trotzdem: Die letzte Runde wird spannend!

Nach der gestrigen Begegnung zwischen Portugal und Dänemark würde man am liebsten beiden Mannschaften ein Gratis-Ticket ins Viertelfinale ausstellen – wären da nicht die Deutschen mit ihren 6 Punkten. Beeindruckend ist die Energie, die das portugiesische Team auf den Platz bringt, vor allem über das Aufziehmännchen Coentrao auf der linken Seite und Nani auf der rechten. Im Mittelfeld ordnet und waltet Moutinho mit beneidenswerter Übersicht und Ruhe. C. Ronaldo kämmt sich immer richtig und sorgt für viele gefährliche Aktionen – man kann von ihm halten, was man will, aber er ist anscheinend noch einer der wenigen Fußballer, die ordentlich schießen können. Vor allem wirkt er weniger übermotiviert als erwartet und versteht es, sich in wichtigen Situationen dem Team-Willen unterzuordnen anstatt seine Solo-Show zu bringen. Sollte das dem direkten Wirken des Trainers Paulo Bento zuzuschreiben sein: Respekt!

Aber diese Dänen! Was können so viele Mannschaften von diesen Dänen alles lernen! Wo größere Fußballnationen nach einem Gegentor moralisch einknicken, werden die Dänen erst richtig gefährlich. Das 2:2 wäre das gerechtere Resultat gewesen, letztlich hat sich aber dann doch das Team mit den individuell besseren Spielern durchgesetzt. Aber selbst nach dem 3:2 von Portugal hatte man noch keineswegs das Gefühl, das die Partie jetzt gelaufen wäre. Zum Schluss fand sich sogar Abwehrchef Daniel Agger regelmäßig im Sturm ein. Der Einsatz hätte belohnt werden dürfen, doch schließlich heißt das Spiel Fußball und nicht „Wünsch dir was“. Wir wurden jedenfalls verwöhnt, denn über weite Strecken war das ein sehr ansehnliches, ausgeglichenes, taktisch wie spielerisch beeindruckendes Fußballspiel mit fünf Toren, von denen besonders das 2:0 durch Helger Postiga hervorzuheben ist: Da war alles dabei, von der Aufbauarbeit durch Coentrao bis zum genialen Nani-Pass mit optimalen Abschluss. Ja, das ging ein bisschen leicht, weil die dänische Verteidigung kurz überfordert war, aber es gibt halt Mannschaften, die solche Situationen auszunutzen wissen, und andere, die das nicht können.

Besondere Erwähnung muss auch der Schütze des Siegestores, Varela Silvestre, finden. Der ist bereits im Deutschland-Spiel aufgefallen und hatte zuweilen schon dort den Ausgleich am Schuh. Auch sein Tor war bemerkenswert: Flanke von links, er fährt daneben, macht aber nichts, denn er schießt einfach nochmal und drückt den Ball für den Tormann unhaltbar ins kurze Eck. Lässige Unbekümmertheit war das: Ein Bruder im Geiste von Kuba Blasczyczokskiw... (schau!) Blaszczykowski! Bin gespannt, ob sich in diese Riege noch einer einzuordnen vermag. Mario Gomez ist noch nicht ganz da; zwar waren seine beiden Tore gegen die Niederlande auch gut gemacht, aber die Lässigkeit muss man einem Deutschen erstmal beibringen, sofern das überhaupt geht.

Heute gehen die Italiener in ihr zweites Spiel. Das ist aus mehreren Gründen interessant. Erstens, weil man jetzt erst sehen wird, wie sie „normal“ spielen (die Variante gegen Spanien war eine Ausnahme), und ob sie aus dem Offensivgeist, den sie im ersten Spiel gern gezeigt haben, gegen einen schwächeren Gegner ein attraktives Spiel nach vorne mit Toren produzieren können. Wenn ihnen das gelänge, wäre ich fast geneigt, für dieses Turnier Italien-Fan zu werden – das denke ich mir nun schon zum zweiten Mal. Dann aber lese ich wieder von Cassanos homophoben Äußerungen und schon wieder erinnern mich die Italiener daran, dass ihr Team zu einem großen Teil aus Unsympathlern besteht. Und das, obwohl sie mit dem Abgang von Gennaro Gattuso die Chance gehabt hätten, dieses Image ein bisschen abzulegen. Hach, mit diesen Italienern werde ich mir immer schwer tun! Dann lieber vorerst die Kroaten mit dem unglaublich lässigen Slaven Bilic...

Am Abend dürfen dann die Spanier die Iren abschießen – die armen, lieben Iren. Den Iren wird das vermutlich egal sein, sie werden einfach spielen, so gut sie können, Trapattoni wird wieder schreien, so laut er kann und am Ende werden sie mit null Punkten dastehen, sich trotzdem ermunternd auf die Schultern klopfen und sich auf das Bier nach dem Spiel freuen. Vielleicht geht ja wieder ein Freistoß-Tor und ein bisschen Kick and R(a)ush. Ich werde ihnen die Daumen halten, aber auch nicht sonderlich enttäuscht sein, wenn sie verlieren. Eben so wie das mit Holland gestern war.




Mann des Tages: Mario Gomez, der zwar nicht bester Deutscher auf dem Platz war, der jetzt aber endgültig seine Nominierung bestätigt hat. Deutschland hat jetzt also auch einen fixen gefährlichen Stürmer, dessen Frisur es mit der von C. Ronaldo aufnehmen kann.


Buhmann des Tages: Hier muss mindestens einmal Boris Kastner-Jirka stehen. Warum? Weil ich seine Stimme nicht mag. Es liegt etwas sich Ereiferndes darin, als ob er dauernd etwas total Wichtiges zu verlautbaren hätte. Manchmal kommt mir vor, er hat eine Lehre als Zeitungsjunge gemacht. Ruhig Blut, Boris, die meisten Spiele sind auch ohne dein Zutun spannend genug! Dieses Hektische verbindet ihn übrigens mit Roman Mählich, der sich auch immer durch seine Sätze hetzt, als ob es gelte, möglichst viele Wörter in möglichst kurzer Zeit hervorzusprudeln. Wie ein Schuljunge, der ein Gedicht aufsagt und meint, er würde eine bessere Note bekommen, wenn er dies möglichst schnell erledigte.
Nehmt euch ein Beispiel an (und ich bin wirklich überrascht, dies einmal sagen zu können): Oliver Kahn. Der hat offenbar eine ordentliche Sprech- und Rhetorikausbildung über sich ergehen lassen und spricht jetzt ruhig, klar und verständlich über das, was auf dem Platz passiert. Vielleicht verfügt der aber auch einfach nur über die entsprechende Coolness, die Kastner-Jirka und Konsorten von Geburt an fehlt.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Der Unaussprechliche und der Teufelskerl

Manchmal glaubt man, aus einer ungerechtfertigten Arroganz heraus, irgendein Spiel nicht anschauen zu müssen. Man meint etwa, bei den Begegnungen zwischen Tschechien und Griechenland oder Russland gegen Polen nicht viel zu versäumen. Freilich vermutet man, dass man sich da auch täuschen könnte, denn die Gruppe A hat sich doch weniger als das Kondensat des Bösen gezeigt, denn als wirklich interessante Ansammlung scheinbar kleinerer Fußballnationen, die bei jedem Spiel um ihr Leben spielen zu scheinen. Das ist durchaus vergleichbar mit den Nordkoreanern bei der WM vor zwei Jahren, nur mit zwei Unterschieden: 1. Die Nordkoreaner konnten überhaupt nicht kicken und 2. ging es bei denen wirklich um's nackte Überleben.

Gestern also nahm ich das mit dem Fußball-Schauen nicht gar so ernst, schaltete erst 20 Minuten nach Spielbeginn zu und wurde prompt dafür bestraft, denn da stand es schon 2:0 für Tschechien. Jetzt ist es natürlich nicht so, dass Fußballspiele nur aus Toren bestehen, und sie allein des Netzens wegen anschaubar sind, aber der Moment des Tores ist halt schon ein Höhepunkt in einem Spiel, an den man sich erinnern kann und letztlich der einzige Höhepunkt, der am Ende zählt. Nun hatte ich also schon zwei Tore versäumt und dachte, dass es schon eine gewisse Komik hätte, würde die restlichen 70 Minuten nichts mehr passieren.

Als ich dann aber die hochmotivierten Griechen sah, wie sie voller Mut, ohne falsche Bescheidenheit und vor allem ohne Unterlass auf das tschechische Tor stürmten, merkte ich, dass ich belohnt werden würde. Seit acht Jahren ist mir der griechische Fußball ein Dorn in Auge, doch das gestrige Spiel hat, wenn nicht alles, so doch einiges meiner Reserviertheit aufgeweicht. Natürlich spielt es sich mit dem Rücken zur Wand ganz anders, aber ich glaube mich auch an Spiele erinnern zu können, in denen die Griechen offenbar versuchten, einen Rückstand zu verteidigen (1. Spiel bei der WM vor zwei Jahren gegen Südkorea). Der Fortschritt ist spürbar, auch wenn es erst ein 0:2 braucht, um den Willen zu mobilisieren.

Letztlich wurden die Griechen dann auch mit einem Tor belohnt, das heißt, der gütige Petr Cech hat ihnen eines geschenkt: In der Manier eines englischen Torhüters lässt er in der 53. Minute den Ball durch seine Finger gleiten, der springt Gekas vor die Füße und es steht 1:2. Kein schönes Tor, aber eben ein gütiges, das wieder an sowas wie einen Fußballgott glauben lässt. Letztlich reicht es aber dann doch nicht, Tschechien hat sich „zurück ins Turnier geschossen“ (eine Phrase, die ganz exklusiv für die zweite Runde der Gruppenphase reserviert ist) und Griechenland müsste jetzt schon mindestens gegen Russland gewinnen, um sich „ins Viertelfinale zu schießen“ (diese Phrase wird in der nächsten Runde aktuell).

Die Russen und die Polen lieferten sich im und vor dem Warschauer Stadion einen erbitterten Kampf. Was vor dem Stadion passiert ist, hat aber wenig mit Fußball zu tun, denn da ging es mehr „um die Weltgeschichte“, wie ein kundiger Besucher des EM-Beisls in der Grazer Franziskanergasse bemerkte. Dort habe ich mir nämlich dann das zweite Spiel angeschaut – in gewohnt traurig angestaubter Atmosphäre, die, so kam mir vor, ganz gut zur Ostblock-Begegnung passte. Was aber auf dem Platz passierte, war ganz und gar nicht angestaubt, sondern viel eher wie Hälfte zwei von Schweden gegen Ukraine: emotional und aufregend.

Für Russland traf wieder der kleine Dsagojew, der jetzt schon drei Turniertreffer verzeichnen kann. Ein Teufelskerl, so hätte man ihn früher genannt. „Dieser Teufelskerl Dsagojev“, hätte man gesagt, oder auch „das Schlitzohr“, obwohl er vielleicht gar nichts Schlitzohriges getan hat. Heute sagt man ja solche Sachen nicht mehr. Dass ausgerechnet der kleinste Russe ein Kopfballtor macht, ist vielleicht ein bisschen schlitzohrig, dann aber wieder nur der polnischen Verteidigung anzulasten, die ihn „sträflich alleingelassen“ hat. Also trifft der Teufelskerl, nachdem Kerschakow wieder durch Wirkungslosigkeit im Abschluss glänzte. Vielleicht bekommt Dsagojev am Ende einen goldenen Schuh für die meisten Tore. Dann aber hätte sich Kerschakow einen hölzernen Schuh als wirkungsloseste Spitze verdient. Kein Teufelskerl, der Kerschakow. Kerschakow... das klingt wie ein Gewehr; wie eine Damenvariante der Kalaschnikow. Ein Sturmgewehr für die Handtasche: ja, so spielt er auch, der Kerschakow.

Nachdem ich an diesem Tag schon zwei Tore versäumt hatte, muss ich den ambitionierten Polen für deren Ausgleichstreffer danken. Gestern habe ich nämlich noch bemängelt, dass es ein bisschen an den schönen Toren fehlt. Und dann kommt der unaussprechliche (Moment, hier google ich jetzt …) Blaszczykowski (copy&paste!) und macht ein ganz wunderbares Tor. Über die rechte Seite aus dem Lauf heraus nimmt er den Ball an, nur eine kurze Berührung, weiterlaufen, Schuss ins lange Eck, passt genau. So elegant, so einfach war das, so lässig: Ein Tor wie im Vorbeigehen. En passant nennt sich das im Schach, wenn ein Bauer einen anderen Bauern quasi im Vorüberschreiten schlägt. Oder auch so, wie wenn man im Supermarkt auf dem Weg in die Gewürzabteilung bei den Süßwaren vorbeikommt und eine Tafel Nussschokolade lässig in den Einkaufswagen gleiten lässt, und das dann auch noch gut aussieht. Kann nicht jeder – der Unaussprechliche aber kann es.

Unaussprechlich ist er ja gar nicht, der Blaszczykowski; so annähernd bekommt es der österreichische Mund schon hin. Aber schreiben Sie den mal richtig! Zehn Mal hintereinander ohne Fehler, da kommt man sich vor wie in der Volksschule... Ich bin ja gestern schon an Schewtschenko gescheitert, er wurde bei mir zunächst zum Schwetschenko. Aber klar, wann hat man sonst schon mal ein Wort mit „Schew“, viel mehr Wörter gibt es bei uns mit „schwe“. Schwierig ist das, vor allem, wenn Schewtschenko gegen Schweden spielt. Das ist die digitale Analogie zum Zungenbrecher: die fractura digitalis, ein Fingerbrecher also. Da schmeißt es den geübtesten Tipper! Und wir Österreicher kapitulieren ja eh schon, wenn ein Name komplizierter ist als Sedlacek oder Jukic. Also üben: Blaszczykowski, Blaszczykowski, Blaszczykowski, Blaszczykowski....

So, das war alles gestern. Die Gruppe A ist rehabilitiert, man kann jetzt schon sagen, dass sich die Mannschaften hier ganz gut verkauft haben. Erwartet stark natürlich die Sbornaja (mein Lieblingswort, noch vor Squadra Azzurra), ein bisschen schwach aber abgebrüht die Tschechen, bemüht und begeisternd die Polen, die Griechen zumindest auf dem richtigen Weg zurück in den Fußball. Wunschaufsteiger sind nach dem gestrigen Spiel aber eindeutig Russland und Polen – mit denen kann man im restlichen Turnier durchaus noch was anfangen. Das Kondensat des Bösen ist zur diabolischen Reha-Klinik geworden, und das ist besser als es klingt.

Heute geht es allerdings schon um die sprichwörtliche Wurst, denn für die Niederlande heißt es „verlieren verboten“ (auch ein Zweitrunden-Jargon) und die Deutschen werden einen Teufel tun und es ihnen leicht machen. Von beiden Mannschaften erwartet man sich eine Steigerung und wenn das beide hinbekommen, dürfte das ein richtig gutes Spiel werden. Zwar wird van Marwijk gerade gegen Deutschland auf die zwei 6er van Bommel und de Jong nicht verzichten können, aber vielleicht lässt er sich sonst etwas Schlaues einfallen, um 16 Millionen arme Menschen vor einer Depression zu bewahren. Ich würde es ihm danken, indem ich nicht mehr über Robben schimpfe. Arjen Robben meine ich, Robben beschimpft man weder, noch knüppelt man sie. Robben besprüht man mit bunten Farben, damit die Grönländer sie nicht knüppeln (sind Grönländer nicht eigentlich Dänen?). Aber den Arjen Robben, der darf man nur knüppeln, wenn er wieder so spielt wie beim letzten Mal. Knüppeln und besprühen. Alle zusammen auf Niederländisch: „Knuppelen en besproeien!“ Süß klingt das... Wie süßer Wahnsinn. Wahnsinn heißt auf Niederländisch „gekte“. Und van Gogh soll gesagt haben: „Oranje is de kleur van gekte“ (Orange ist die Farbe des Wahnsinns). Na also!




Mann des Tages: Jakub Blaszczykowski für ein anständiges Tor und die Tippübungen.


Buhmann des Tages: Petr Cech. Als einer der (nominell) drei besten Torhüter dieses Turniers darf einem einfach kein Engländer passieren. Auch, wenn es nichts am Spielausgang geändert hat: das war richtig schwach.


Kuriosum des Tages: Konstantinos Chalkias, der griechische Torhüter, der sich in der 23. Minute selbst austauschte. Natürlich war es nicht, wie der ORF-Kommentator vermutete, sein verpatzter Ausschuss und die beiden frühen Gegentreffer, die uns „einen Einblick in die Seele eines griechischen Fußballspielers“ boten, sondern einfach eine Oberschenkelverletzung. Seltsam war es trotzdem.

Dienstag, 12. Juni 2012

Das Märchen vom alten Sack

Nachdem uns vorgestern die Gruppe C regelrecht verwöhnt hat, mussten wir gestern mit der Gruppe D wieder ins harte Brot der Wirklichkeit beißen: Fußball kann eben auch langweilig sein, und das nicht nur, wenn scheinbare Außenseiterteams spielen. Zu sagen, dass Frankreich und England über alle Maßen enttäuscht hätten, wäre vielleicht übertrieben. Immerhin war die erste Hälfte bisweilen recht ansehnlich und man konnte ungefähr erkennen, was beide Teams in diesem Turnier spielerisch noch vorhaben. Dazu muss man auch bedenken, dass die zwei Favoriten natürlich gut beraten waren, das Turnier vorsichtig anzugehen; und mit einem Unentschieden gegen den größten Konkurrenten in der eigenen Gruppe muss man eben zufrieden sein. Außerdem hatte es in Donezk gestern an die 35 Grad, das ist für Franzosen kein gütliches Fußballwetter und für Engländer schon gar nicht. Die beiden „Geheimfavoriten“ sind also entschuldigt. Gegen die Ukraine und Schweden wollen wir aber was Anständiges sehen, sonst gibt’s einen Nachzipf!

Wäre die unsägliche zweite Halbzeit nicht gewesen! Die zweiten 45 Minuten waren an Inferiorität kaum zu überbieten. Lust-, kraft- und ideenloses Getrete war das. Die französische Offensivabteilung verrannte sich in der englischen Abwehr, von der viel beschworenen Kreativität und Fluidität war da wenig zu erkennen. England war zunächst sehr spielfreudig unterwegs und viel besser als es im Vorhinein sämtliche schwachsinnigen Spatzen von den Dächern gepfiffen hatten. Dennoch erspielten sie viel zu wenige Chancen, da ist noch viel Luft nach oben. Vielleicht überlebt man Schweden noch und darf dann gegen die Ukraine wieder mit Rooney ran, der, mit neuem Haar auf der Tribüne sitzend, jetzt irgendwie aussieht wie ein irischer Gebrauchtwarenhändler auf Kontinentalurlaub. Eine gute Partie spielte der junge aber hässliche Joleon Lescott, und überhaupt scheint es, als müsse man sich um die englische Defensive weniger Sorgen machen als um das biedere Mittelfeld, das die Patenschaft für den Ausdruck „Verhaltenheit“ übernommen zu haben scheint: Oxlade-Chamberlain war engagiert, Milner auch stets bemüht, aber zusammengelaufen ist da trotzdem wenig.

Naja, die Partie kann man getrost vergessen, immerhin ist die Punkteteilung ein Resultat, das in Ordnung geht, und wir bekamen immer noch kein 0:0 zu sehen. Bemerkens- oder zumindest erwähnenswert ist es aber schon, dass die einzigen beiden Tore, die bis jetzt aus Freistoßsituationen erzielt wurden, den Engländern und Iren gehören. War im Inselfußball der Freistoß nicht immer schon eine Tugend, oder gehört das in den Fußballmärchenschrank zu Cordoba, Wembley und Rehakles? Überhaupt Inselfußball: Ist das nicht die Art Fußball, die wir uns jetzt wieder wünschen? Schneller, unkomplizierter Fußball, das Kick&Rush statt des ewigen Pass-Geschwurbles mit dem doofen Namen „Tikitaka“? Und wo sind die Weitschüsse, die altbackenen Lauf- und Steilpässe? Die finden wir noch bei Teams wie Schweden und der Ukraine. Nur, dass das auch nicht das Allheilmittel ist, zeigte die erste Hälfte dieser Begegnung.

Ukraine gegen Schweden, das war gestern der Abschluss der ersten Runde. Das zweite Gastgeberland spielte daheim in Kiew vor überwiegend eigenem Publikum. War aber auch egal, denn das Stadion war ob der schwedischen Nationalfarben sowieso ganz in blau und gelb. Die Erwartungen waren natürlich hoch – zumindest bei den Ukrainern selbst. Die Fußballexperten hätten wohl keine müde Mark auf diese Mannschaft gesetzt und im schlimmsten Fall, möglichst wenig auf die Schweden vertrauend, auf ein Unentschieden getippt.

So sah es in der ersten Hälfte auch aus, und zwar wirklich nach dem ersten drohenden 0:0. Beide Mannschaften spielten als setzten sie darauf, dass der Kollege Zufall ihnen zu Hilfe eilen würde. Der hatte aber offenbar keine Zeit oder schlicht kein Interesse an dem blau-gelben Geplänkel, das nun ohne seine Beteiligung aus wechselseitigen Fehlpässen und Foulchen bestand. Selten hatte ein Spieler länger als 5 Sekunden tatsächliche Kontrolle über den Ball. Es war grausam... bis zur Halbzeit.

Dann kam der unsympathische Ibrahimovic und traf für die Schweden zum 1:0 – man war ihm dankbar dafür und dachte, nun würde alles seinen Lauf nehmen, d.h. das Spiel würde vollends einschlafen und Schweden vielleicht noch ein Tor erzielen und sich somit das logische Endergebnis einstellen. Die Ukrainer wirkten bis zum Gegentreffer schlichtweg überfordert, vor allem, wenn es darum ging, ein eigenes Spiel aufzuziehen; gefährlich waren sie höchstens in Kontersituationen. Zu wenig Klasse im Kader, nur ein, zwei wirklich große Namen und halt der alte Sack Schewtschenko, der irgendwann mal gut war – aber wann das war, daran konnte man sich auch nicht wirlich erinnern. Ein Maskottchen halt für die Mannschaft bei der EM im eigenen Land. So wie bei uns Ivica Vastic, wollte auch Schewtschenko anfangs nur als Joker helfen, irgendwann in der zweiten Hälfte eingewechselt werden, damit er dann seinen alten Körper noch ein paar Minuten über den Rasen schleppen könnte und vielleicht, ganz vielleicht nur würde er zu ein oder zwei Möglichkeiten kommen. Geglaubt hat vermutlich nicht einmal mehr er selber daran.

Gestern aber spielte er von Beginn an. Vielleicht stellte ihn Trainer Oleg Blokhin nur deswegen rein, um den ukrainischen Fans zu geben, wonach sie sich sehnten: Noch einmal den großen Star der vergangenen Jahre auflaufen sehen, ihn noch einmal die Hymne singen zu hören (zumindest die Lippenbewegungen zu beobachten). Ein letztes Mal noch, Andrij! Ja, und dann schleppte er sich über den Platz, ein Schatten seiner selbst, aber auch nicht viel schlechter als seine Teamkollegen. Bis er dann sein Tor schoss, kurz nach dem Führungstreffer der Schweden. Und bis er dann sein zweites Tor schoss, nur sechs Minuten später.

Und dann wurde er ausgewechselt, um sich seinen Applaus abholen zu können. Das Stadion tobte, die Ukrainer hatten Tränen in den Augen. Ihr Andrij, der alte Andrij, schenkte ihnen zwei Tore und damit vielleicht den Sieg im Auftaktspiel der Heim-EM, vielleicht den ersten Sieg bei einer EM überhaupt. Und so blieb er an der Seitenlinie stehen und beobachtete das Geschehen gespannt. Musste mitansehen, wie die Schweden zum Schluss hin nochmal aufdrehten, wie zuerst Elmander und dann Mellberg die besten Chancen bis dato vergaben, wie die Nachspielzeit nicht enden wollte. Er und der von oben bis unten tätowierte Woronin, die wie aufgeregte Kinder vor der Trainerbank standen, sich gegenseitig hielten, bangten, hofften, immer wieder auf die Uhr blickten. Dann der Schlusspfiff, unendlicher Jubel, ein Volk so glücklich wie schon lange nicht mehr und der alte Sack umarmt von seinen Teamkollegen, der alte Sack, der seinem Team und seiner Nation zwei Tore zum Sieg geschenkt hat. Vielleicht war es sein letztes Geschenk, aber was macht das schon?

Das Spiel Ukraine gegen Schweden war vielleicht fußballerisch uninteressant (über weite Strecken). Wahrscheinlich war es auch nicht entscheidend für den Ausgang dieser EM – vielleicht nicht einmal für den Ausgang der Gruppe D. Aber es war womöglich das wichtigste Spiel der Gruppenphase bisher, weil es dem Fußballzwerg Ukraine (und eigentlich dem ganzen Turnier) einen Helden geschenkt hat und die Hoffnung gelassen hat, dass man doch mitspielen könnte, dass doch vielleicht was geht, dass man nicht gänzlich ohne Chance diese EM bestreiten muss. So hässlich das Spiel in der ersten Hälfte anzusehen war, so schön war es, Schewtschenko bei seiner ganz persönlichen Ehrenrunde zuzusehen. Wie er, der alte Sack, mit glänzenden Augen sich bei seinen Fans bedankte und wie sie ihn hochleben ließen. Eine Szene, die Andrij nie vergessen wird können, ein Abend, der in die ukrainische Fußballgeschichte eingehen wird, weil ein alter Sack zwei Tore in einem Vorrundenspiel geschossen hat. So etwas gibt es eben nur bei Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften. Und jedem, der an solchen Veranstaltungen zweifelt (oder auch an der Begeisterung, die solche vermeintlich schwachen Partien auslösen können), dem solle das Märchen von Andrij Schewtschenko erzählt werden.



Mann des Tages: Natürlich der alte Sack, der Ivica Vastic der Ukraine, Andrij Schewtschenko. Vielleicht wird er jetzt der nächste ukrainische Präsident. Obwohl man ihm so ein Karriereende dann auch wieder nicht wünschen sollte.


Buhmann des Tages: Michel Platini, der beim zweiten Tor der Ukraine sichtlich verärgert agiert. Neben ihm der Präsident des ukrainischen Fußballbundes, der ein Freudentänzchen aufführt, und er, Platini, der richtig angepisst wirkt. Peinlich.


Wort des Tages: „Schmähbruder“, das Rhetorik-Kapazunder Frenkie Schinkels etwa 20 mal für jenen Ukrainer verwendet hat, der vor dem Tor der Schweden am Feld liegen geblieben ist und damit eine Spielunterbrechung erreichen wollte. „Na, des is eine Schmähbruada, die do liegen blaibt und do is goa nichts, so eine Schmähbruada, die Schmähbruada, also bai mia hätt die Schmähbruada keine Schongs mit so eine Schmähbruada...“ etc. Der größte Schmähbruder ist und bleibt sowieso Herbert Prohaska; aber Schinkels ist ihm dicht auf den Fersen!

Montag, 11. Juni 2012

Überraschend erfüllte Erwartungen

Irland ist ein seltsames Fußball-Völkchen. In der Nationalmannschaft kann jeder spielen, der zumindest einen irischen Opa oder eine irische Oma vorweisen kann, man muss also nicht einmal Ire sein. So clever dieses Rekrutierungssystem sein mag, so bitter ist allerdings auch die Erkenntnis, dass es dem Inselvolk anscheinend an wirklich guten Fußballern mangelt. Das ist aber okay und letztlich wurscht, denn man hat sich für diese EM qualifiziert und das ist schon Beweis genug, dass es auch mit Vaterlands-Stief-Enkelsöhnen möglich ist, erfolgreich zu kicken – und mit einem gescheiten Trainer.

Giovanni Trapattoni ist vielleicht der Trainer, der am wenigsten zu seiner Mannschaft passt. Die graue Eminenz aus Italien und die wilden Burschen von der verregneten Insel, die optisch gesehen eigentlich lieber Rugby spielen sollten – das ist ein seltsamer Verband. Aber irgendwie kommen sie sympathisch daher, wie so viele Außenseiter. Ich vergleiche sie gerne mit Australien oder Neuseeland bei Weltmeisterschaften: Jeder weiß, dass man von denen nicht viel erwarten kann, aber diese Mannschaften wirken immer, als wollten sie wirklich Fußball spielen und allen zeigen, dass sie das auch ganz gut zustande bringen. Außerdem sind die Fans immer extrem begeistert ohne deswegen übermütig zu werden: harmlose Betrunkene im besten Fall. So sind die Iren auch, und deswegen sind sie irgendwie lieb.

Dass sie guten Fußball spielen wollen ohne besonders gute Fußballer zu sein, zeigten sie auch gestern gegen Kroatien. Das Spiel war so erfrischend, weil es so unkompliziert war. Den Iren fehlt zwar das technische Können, um ein komplexes Spiel aufzuziehen, aber sie lassen sich deswegen auch nicht hinten reinstellen und zu Bollwerks-Defensivarbeit verdonnern. Das ist ein weiterer Grund, warum Trapattoni nicht zu den Iren passt. Deswegen (und natürlich, weil es seine Natur ist) hauste Trap auch wieder wie kein zweiter an der Seitenlinie. Es wirkte, als würde er bei Angriffen seiner Mannschaft verzagt zusehen, wie ein Vater, der es schon aufgegeben hat, seinen Söhnen gute Ratschläge zu geben, die diese sowieso nicht beachteten. Bei Angriffen der Kroaten dann wurde er wieder wild, fuchtelte, schrie und deutete, als könne er allein durch Zurufen die Spieler am Feld bewegen, so wie er es sich vorstellt.

Die Iren aber sind widerspenstig; und sie sind auch ein bisschen tollpatschig. Deswegen sind sie ja auch so lieb. Iren spielen den Ball, wenn sie ihn nicht mit dem Fuß treten, am liebsten mit dem Gesicht, oder er springt ihnen irgendwie anders auf den Kopf, so, dass es halt einfach nicht gut aussieht, sondern komisch. Das macht aber alles nichts, denn wenn sie den Ball haben, dann laufen und rackern sie wie Irre – so motiviert (nicht übermotiviert!) ist bisher noch keine Mannschaft aufgetreten. Man sollte sie einfach spielen lassen, es ist aufregend anzusehen. Freilich, ohne Trapattoni wären sie vermutlich nicht da, wo sie jetzt sind. Hier haben sie aber überhaupt nichts zu verlieren, warum also nicht einfach drauf pfeifen und dem Motto gemäß spielen, das auf dem Teambus der Iren prangt: „Talk with your feet. Play with your heart.“

Ähnliches haben sich wohl auch die Kroaten gedacht und deshalb mit einer bisschen intelligenteren Scheißdrauf-Mentalität mehr aus dem Match holen können. Natürlich finden sich in den Reihen der Kroaten auch die besseren Spieler; wer aber einen Coach wie Slaven Bilic hat, der spielt einfach auch unbekümmerter. Bilic ist bei dieser EM außer Joachim Löw der einzige Trainer, der auch schon 2008 auf der Bank saß (oder vor selbiger stand). Damals als Zigaretten rauchender Prolet mit Flinserl aufgefallen, gab er sich gestern 'stilsicher' mit Sakko, brauner Krawatte und Haube. Ich weiß nicht, ob die kroatischen Spieler sich manchmal seiner schämen, aber irgendwie scheinen sie ihm doch zu vertrauen und der Erfolg gibt ihm erstmal recht. Jedenfalls liegt hier der eklatanteste Unterschied zu Irland: Bilic passt zu seiner Mannschaft, seine Mentalität passt zum kroatischen Spiel – nein, sie ist das kroatische Spiel: Wild und laut, ein bisschen proletoid, gleichzeitig aber sehr intelligent und sich seiner eigenen Möglichkeiten bewusst. Weiter so, Kroatien!

Spanien gegen Italien war das zweite (eigentlich das erste) Spiel dieser Gruppe und es kam eigentlich alles so, wie man es sich gedacht hat: Die Spanier mit Problemen beim Abschluss (merke: Mit dem Ball in's Tor rennen, das geht bei italienischen Verteidigern nicht!), Italien hinten gewohnt gut. Was aber doch überraschend war: Die Offensivfreudigkeit der Italiener. Nicht, dass Italiener keinen Offensivfußball spielen könnten, aber bisher schien es immer so, als verstünden sie diesen als notwendiges Übel. Gestern aber wirkte das ganz anders. Schon die Aufstellung hat das verraten: Die Italiener starteten mit einem 3-5-2, einem Dreier-Abwehrkern um DeRossi, der im Verteidigungsfall aber zu einer Fünfer-Abwehr werden konnte. Das machte es für die Spanier schwierig, ihr Kurzpassspiel in Strafraumnähe zu bringen. Über die Flanken ging nicht nur deswegen nichts, weil es das Spiel der Spanier einfach nicht ist, sondern vor allem auch, weil Spanien ohne echten Stürmer auftrat. Negredo, Llorente und Torres blieben zunächst auf der Bank, während sich Fabregas und Silva jeweils als vorderster Mann abwechselnden. Überhaupt schien del Bosques Mittelfeld alle Freiheiten zu besitzen, es wirkte, als wolle man sich wirbelnder Weise durch die italienische Abwehr bohren.

Das führte zu teilweise absurden Szenen, in denen Spanier sich gegenseitig Pässe zuspielten und dafür so viel Platz hatten wie in einer Besenkammer. Gegen Irland und Kroatien wird das bestimmt anders aussehen, gegen Italien aber war es eine interessante und kluge Variante. Was die Italiener anbelangt, wird es auch spannend zu sehen sein, wie diese gegen die schwächeren Gruppengegner auftreten. Was sie allerdings gegen Spanien gezeigt haben, muss jede technisch gute, offensiv ausgerichtete Mannschaft das Fürchten lehren. Sollten Spanien und Italien sich im Finale wiedersehen, ist es nicht ausgeschlossen, dass es dann auf die beiden Torhüter ankommt – im Elfmeterschießen.

Ein Tag mit zwei sehr ansehnlichen Partien war das also, jeweils auf unterschiedlichem Niveau zwar, aber so kann man doch von jenem Popcorn-Fußball sprechen, von dem ich gestern noch behauptet habe, dass man es nur in der österreichischen Regionalliga zu sehen bekomme (was natürlich nicht ganz ernst gemeint war). Man musste mit Spanien vs. Italien vielleicht geduldiger sein, aber das war ein sehr dichtes, komplexes und durchdachtes Match. Der einzige, der da nicht ganz dazu passte, war Balotelli – charakterlich wie fußballerisch nicht. Deswegen wurde er dann konsequenterweise auch ausgetauscht. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen, ich glaube, dass der noch für so manch fragwürdige Szene sorgen wird.

Ich tu mir schwer mit diesem Italien, weil es gar nicht so unsympathisch ist, wie ich es erwartet hatte. Zeitweise habe ich mich sogar dabei ertappt, die Italiener gut zu finden; also jetzt nicht nur rein fußballerisch, sondern auch so, wie sie auf dem Platz auftraten und offensivwillensmäßig, ein bisschen – jetzt kann man es ja sagen – irisch-kroatisch fast. Außerdem ödet mich das spanische Spiel schön langsam an. Nicht, weil es nicht schön wäre, sondern weil es ein bisschen vorhersehbar geworden ist und damit schwieriger auszuführen und eben nicht mehr so leicht und einfach aussieht, wie damals vor vier Jahren noch. Aber spätestens, wenn ich wieder Italiener jammern und umfallen sehe, vergeht es mir wieder, weil ich weiß, dass sie die Urheber dieses unsittlichen Betragens sind, das man mittlerweile auch schon in Mannschaften findet, die für so etwas ganz und gar nicht bekannt waren (Ja, Arjen Robben, du bist gemeint!).

Danke, Gruppe C, für diesen tollen, sehr vielfältigen Fußballtag, der unsere Erwartungen nicht enttäuscht und uns trotzdem ein bisschen überrascht hat! Wenn es heute in der Gruppe D auch wieder so wird, können wir von einem gelungenen ersten Durchgang sprechen.


Typ des Tages: Bilic, der Hauben-Prolet. Der ist einfach super!

Buhmann des Tages: Mario Balotelli, der sinnlos-Prolet. Als er allein auf's spanische Tor gelaufen ist und sich den Ball dann so einfach abnehmen ließ, sah das auch ein bisschen nach Wett-Skandal aus.

Team dieser Gruppe: Irland, auch wenn sie nicht aufsteigen werden. Aber sie sind einfach lieb und spielen so sympathisch!

Eine Anstrengung gedanklicher Natur

So eine EM hat es in sich. Vor allem die Gruppenphase beanstrengt den geneigten Fußball-Seher ungemein: Zunächst, wenn das Turnier also endlich begonnen hat und die Vorfreude zur Freude wird, hat man es jeden Tag mit vier Teams zu tun, die man sich ansehen, die man beurteilen muss. Am Ende des Tages stehen zwei Ergebnisse da, die man zu interpretieren hat, die Hoffen und Bangen für die nächsten Spiele erzeugen und die Erwartungen erfüllen oder enttäuschen. Aber lange kann man sich damit nicht aufhalten, denn schon am nächsten Tag sieht man vier neue Mannschaften und das Rad beginnt sich wieder von neuem zu drehen.

Nebenbei zappt man sich durch das televisionäre Fußball-Angebot, vergleicht ORF mit den deutschen Sendern, sieht von Hickersberger über Schinkels, Mählich, Kahn, Scholl und schließlich den unvermeidbaren Herbert Prohaska so viele mehr oder weniger ahnungsvolle Fußball-Gesichter, die einem entweder alle das gleiche, oder gar immer etwas anderes erzählen, dass man am liebsten ganz darauf verzichtet und sich Meinungen und Analysen viel lieber später im Internet holt. Da gibt es schließlich auch für jeden was: von der fundierten, hoch komplexen Taktik-Analyse bis zum Boulevard-Interpretatorium á la Bild mit Fotostrecken zum Durchklicken und dumpfen Schulnoten-Bewertungssystemen. Das heißt: Für den wirklichen EM-Afficionado beginnt der Fußball nicht um sechs und hört um elf auf, sondern bemächtigt sich auch mittendrin der Freizeit und des gedanklichen Fokus des Fans.

Es ist also anstrengend (sofern man die Zeit aufbringen kann und will) und deswegen sind dann immer alle froh, wenn die Gruppenphase in ihre letzte Runde geht – leider in der Form von Parallelspielen, die das ganze dann noch einmal so verdichten, dass man schlussendlich gezwungen wird, auf ein Spiel zu verzichten, weil man es nicht bloß aus zeitlichen Gründen nicht schafft, sondern weil es schlichtweg unmöglich ist; weil man eben im Leben oft erkannt hat, dass man zur selben Zeit sich nicht an unterschiedlichen Orten aufhalten kann. Die postmoderne Zeit hat dieses Dilemma zumindest ansatzweise durch multiple Endgeräte in Public-Viewing-Spelunken und die Technik der Übertragungsaufzeichnung in den Griff bekommen. Trotzdem: Als übermedialisierte Unterhaltungslemminge wissen wir, dass nur live zählt, und dass es praktisch unmöglich ist, uns eine Information wie das Endergebnis eines EM-Spiels vorzuenthalten, um das Spiel später daheim anzusehen und so zu tun, als wäre nicht längst alles vorbei und entschieden.

Erschöpft und ausgezehrt bekommen wir dann nach den letzten Gruppenspielen einen Tag Pause, bevor die Playoff-Phase beginnt. Ein Tag ist eigentlich lächerlich wenig verglichen mit dem Fußball-Overkill, den wir die vielen Tage zuvor zu 'erleiden' hatten. Aber man nehme einem Süchtigen auch nur einen Tag sein Suchtmittel und sehe, was passiert: Wir werden uns am Abend des (spielfreien) 20. Juni zu irgendeinem Zeitpunkt fragen, ob und wieso denn heute kein Fußball zu sehen ist. Traurig müssen wir dann feststellen, dass das Turnier schon bald vorbei ist, und wir trösten uns mit der Spannung, die der Modus des KO-System für uns bereit hält. Nur kurz haben wir Zeit, einen ausgeschiedenen persönlichen Favoriten zu betrauern und in Gedanken ein Kerzerl für jene anzuzünden, die während der Gruppenphase in Schönheit oder Eleganz untergegangen sind. Nur kurz dürfen wir uns an die schönen, hässlichen und kuriosen Situationen erinnern, mit denen unsere nie weichende Aufmerksamkeit von dieser Europameisterschaft belohnt wurde. Dann geht es schon wieder weiter, Schlag auf Schlag, KO auf KO.

Aber noch sind wir ja mitten drin, in der Gruppenphase, noch ist nichts – überhaupt nichts! - entschieden; es ist erst angerichtet. Ja, angerichtet ist es: Das Besteck wurde ausgelegt, die Speisekarten verteilt und nun wartet in der Küche schon der erste Gang. So eine EM fängt nämlich immer mehrmals an. Streng genommen ja in der Vorbereitung zur Qualifikation, aber auch die Endrunde selbst hat mehrere Anfänge: Die Eröffnungszeremonie, das erste Spiel, der erste Kracher, dann die ersten Vor-Entscheidungen, dann der Beginn der KO-Phase. Und alles läuft zum Endspiel hin, von dem ausgehend dieses ganze Brimborium erst erdacht wurde. Faszinierend, was sich alles aus der Idee ergibt, dass irgendwer irgendwann wissen wollte, wer eigentlich den besten Fußball in Europa spielt, und dass aus diesem simplen Gedanken dann jene gedankliche Anstrengung wurde, der wir jetzt tagtäglich ausgesetzt werden – und für die wir auch noch dankbar sind.

Sonntag, 10. Juni 2012

Resultate vs. Realitäten

Ja, tatsächlich, endlich hat die EM angefangen. Die Gruppe B hält, was sie versprochen hat, aber es kam doch alles ganz anders, als viele sich das erwartet hatten. Dass Deutschland gegen Portugal gewinnt, hätten viele vorhergesagt, aber die meisten tippten auf mindestens zwei Tore Unterschied. Dass Dänemark gegen Holland gewinnt, hat keiner wissen können. Am Ende des ersten Durchgangs muss man aber doch feststellen, dass Portugal stärker und Deutschland schwächer ist als angenommen. Niederlande hat ungefähr so gespielt, wie man es erwarten konnte – natürlich noch mit viel Luft nach oben. Dänemark hat nicht wirklich überrascht, außer durch die wirklich starke Defensivleistung zum Ende des Spiels hin. Ironischerweise spiegelt sich das alles in den Resultaten gar nicht wieder.

Das ist der Kernwitz des Fußballs bzw. des Sports überhaupt: Nämlich, dass Resultate oft weniger über das Spiel bzw. die Leistung der Teilnehmer verraten, aber letztlich doch alles sind, was zählt. Daraus entspringt dann das dumme Ungerechtigkeitsgefühl des Fußball-Fans. Freilich ist keiner davor gefeit, seine Mannschaft als die unglücklich oder (wenn auch nur vom Schicksal) ungerecht behandelte zu sehen. Aber das ist dumm, weil Gerechtigkeit eben kein Begriff des Fußballs ist bzw. das Spiel selber ihn nicht kennt, sondern nur die Fans. Trotzdem gibt es natürlich so etwas wie Überraschungen und es ist dem ganzen Turnier zuträglich, dass gerade die Gruppe B gestern irgendwie doppelt überrascht hat.

Holland spielte eigentlich eh ganz gut, zeitweise sogar wieder brillant. Aber wenn man an die 30 Torchancen braucht, um null Tore zu erzielen, hilft einem das eben wenig weiter. Die bekannte Abwehrschwäche der Kaasköppe zeigte sich auch gestern wieder deutlich. Aber Holland konnte bisher immer mehr Tore schießen als es bekam. Es gibt aber doch einiges zu bemängeln. Erstens, warum Bert van Marwijk gegen Dänemark die defensive Mittelfeldvariante (mit van Bommel und de Jong als 6er) statt der offensiven bevorzugt.

Von den Dänen war offensiv wenig bis gar nichts zu sehen (Bendtner, hallo?), da braucht man keine zwei Holzfüße im defensiven Mittelfeld, die nach vorne gar nicht (de Jong) bzw. zu langsam (van Bommel) wirken. Und die ohnehin schwache Verteidigung wird man durch zwei solche Prügelknaben auch nicht entlasten können – dann lieber früher attackieren. Wie schlecht das ausgesehen hat, als Holland sich in der eigenen Hälfte vor Dänemark versteckt hat, war kaum auszuhalten!

Freilich fehlen an den Außenpositionen Leute wie Giovanni van Bronckhorst (wehmütig habe ich mich gestern an dessen starkes Turnier vor vier Jahren erinnert), die schnell und effektiv nach vorne spielen können. Aber wenn man solche schon nicht hat, warum dann im zentralen Mittelfeld auch noch holzen? Gegen Dänemark!

Vorne rechts hat man den ewig gleichen Robben, der brav läuft und wirbelt, dem aber immer wieder nur die alten Tricks einfallen, von denen sich nur jene noch hineinlegen lassen, die in den letzten Jahren kein einziges Spiel der Bayern oder der holländischen Elftal gesehen haben. Das wird echt langsam bitter, Arjen! Trotzdem ist man personell in der Offensive einfach überlegen; und das wurde viel zu wenig ausgespielt. Da war viel Statik und über weite Strecken zu wenig vom spanischen Oranje-Fußball zu sehen – stattdessen handelte man sich die spanische Krankheit ein: zu viele Chancen zu benötigen.

Sneijder hingegen hat mich überrascht, der ist nach wie vor der beste und aktivste Mann auf dem Platz (sein langer Pass auf Huntelaar war die Aktion des Tages – perfektes Timing, großartige Übersicht und technisch einwandfrei). Huntelaar für van Persie hätte man schon nach der Halbzeit bringen können, stattdessen gab es viel zu spät eine Doppelspitze – nicht schlecht, aber eben zu spät. Auch van der Vaart hätte schon zur Halbzeit für de Jong kommen müssen. Warum so lange am Bestehenden festhalten, wenn man eh schon hinten ist? Weil man sich vor den Offensivaktionen der Dänen gefürchtet hat? Alles too little, too late – man muss aber auch vor Dänemark den Hut ziehen, dass sie keine Nerven gezeigt haben und die schmale Führung trotz ständiger Unterlegenheit bis zum Schluss halten konnten.

Das scheint überhaupt die Devise für die sogenannten „Kleinen“ zu sein: Aus nichts ein bisschen was machen – und dann schauen, was passiert bzw. intelligent verwalten. Das kommt aus der Chelsea-Inter-Italien-Schule, aus dem verzweifelten Sich-gegen-das-Tiki-Taka-Wehren, ist taktisch hoch interessant, aber halt nicht immer so toll anzusehen. Wer Popcorn-Fußball will, der schaue sich Spiele des GAK an – in der Regionalliga.

Achja, und da war dann noch Portugal, die irgendwann in der zweiten Hälfte gemerkt haben, dass sie doch guten und gefährlichen Fußball spielen können, nachdem ein paar Deutsche gemerkt hatten, dass Portugal nicht nur aus C. Ronaldo besteht. Letzterem machte der böse Boateng, der sich nach seinem Late-Night-Eklat natürlich beweisen wollte, unschädlich. Aber nicht nur Boateng, sondern vor allem auch der Hummels überzeugte defensiv über alle Maßen.

Der Rest blieb fraglich, vor allem die eigentlichen Hauptakteure Schweinsteiger und Özil wirkten irgendwie schaumgebremst – bei Schweinsteiger ist es wohl die Form, bei Özil macht das alles nichts, weil er auch so immer noch gefährlich genug ist und es ja auch noch Khedira gibt. Aber auch wenn man diesmal mit alten deutschen Tugenden gewonnen hat: die drei Punkte sind im Sack („The cat is in the sack“, würde Trapattoni sagen) und wenn es gegen die Niederlande geht, sind es die Holländer, die unter Zugzwang stehen. Eigentlich eine recht komfortable Ausgangsposition, v.a. mit Dänemark als letztem Gegner in der Gruppe. Was aber, wenn die Dänen... ach was!

Trotzdem: Ich bitte die Deutschen, den neuen Weg, den sie die letzten vier Jahre so erfolgreich eingeschlagen haben, nicht zu verlassen. Die Fans, die Schlander, die sind leider unverbesserlich – das ist einfach eine Mentalitätsfrage, da werden die Rüben nicht mehr mit der Spitze voran aus der Erde wachsen. Was war denn das mit den Papierkugelchen schon wieder für ein Mumpitz? War jetzt nicht das große Drama, aber auffallen um jeden Preis ist denen schon wichtig...


Mann des Tages: Morten Olsen – der Look allein ist einfach überzeugend und hat was Fuchsiges. Wie man eben aus nichts ein bisschen was macht.


Buhmann des Tages: Bert van Marwijk – der hat heute die Partie irgendwie wie ein rauschiger Konsolenspieler verdaddelt.


Geste des Tages: Wie sich Mario Gomez alle zwei Minuten durch die Haare fährt... wie um C. Ronaldo zu zeigen, dass er geilere hat als der Drei-Wetter-Taft-Cowboy.