Mittwoch, 11. Mai 2011

Das Orakel irrt sich (nie)

"Die Sturm-Spieler haben immer nur Automaten gespielt. Das hat denen getaugt! Immer nur Automaten!" Der Franz ist heute gut aufgelegt, obwohl nicht viel los war und er eigentlich müde ist. Er erzählt von früher, von berühmten Gästen und seinen Fähigkeiten als Orakel. "Dem Baric hab ich immer die Aufstellung angesagt, wie er spielen soll. Der war ja auch öfters da", grinst der Franz, weil er es selber gar nicht glauben kann, wie frech er damals schon gewesen ist. Einmal, sagt er,  habe er beim ÖFB angerufen und ist irgendwie zum Teamchef durchgestellt worden und hat ihm gesagt, wenn er wissen wolle, wen er als Libero aufstellen soll, dann habe er einen guten Tipp für ihn. Das sagt der Franz halt, das muss man ihm aber glauben, auch wenn man weiß, dass er die Leute zu gern am Schmäh hält.

Stolz ist der Franz aber vor allem auf seine Vorhersagen, für die er berüchtigt zu sein glaubt. Einmal spielte der SV Anger gegen Gratkorn. Der SV Anger ist der Lieblingsverein vom Franz. Eigentlich einer von dreien. Die zwei anderen spielen heuer im Championsleague-Finale. "Manchester United, Anger und Barcelona", sagt der Franz und spricht Barcelona "Bazelona" aus.
Damals jedenfalls saß der Franz im Stadion, als die Angerer gegen die Gratkorner spielten und hat vor dem Spiel gesagt "Heute gewinnen wir 5:3!" und alle haben ihn natürlich ausgelacht, weil wer sagt schon so ein Ergebnis voraus. "Neben mir ist der Sektionschef gesessen, der hat nur noch gesagt 'Franz, sei still jetzt', weil er sich schon geschämt hat. Und zur Pause ist es dann 3:1 für Gratkorn gestanden und die Gratkorner Fans haben auch schon gelacht. 'Trotzdem gewinnen wir noch 5:3', hab ich dann gesagt." Und da muss der Franz wieder lachen. Ein Lachen wie ein Schluckauf zuerst, und dann lacht er mehr und mehr. Weil natürlich haben die Angerer dann wirklich noch 5:3 gewonnen und alle haben den Franz angeschaut als wäre er von einem anderen Stern gekommen.

Der Franz hat damals auch Fußballgedichte geschrieben, wie er erzählt. "Sogar im Kurier habens den Blödsinn gedruckt!" Dem großen Ernst Happel hat er einmal ein Gedicht geschrieben, das mit der Warnung schloss, dass, wenn er so weitermachen würde, er bald gegen Krems oder Stockerau spielen müsse. Tatsächlich hat Happel mit Tirol dann im folgenden Cupfinale gegen den Kremser SC verloren. Wieder hat der Franz etwas richtig vorhergesagt. Wieder lacht er beim Erzählen, als könne er es selber gar nicht glauben, was er alles gemacht hat.

Nur einmal hat der Franz etwas nicht vorhergesehen. Eines schönen Sommernachmittages hat sich im Gastgarten seines damaligen Lokals der Bundeskanzler Schüssel auf einen Sessel gesetzt und auf einen zweiten seine Füße gelegt. So etwas macht man normalerweise ja nicht, aber der Franz hatte Nachsehen mit dem Herrn Bundeskanzler, weil ja auch sonst niemand im Gastgarten war und der Bundeskanzler gerade seinen Urlaub genoss, eben von der Südsteiermark gekommen war und sich ganz ohne Mascherl ein kühles Getränk gönnen wollte. Der Franz, der im Umgang mit Politikern immer schon geschickt war, hat dem Schüssel natürlich Honig um das Maul geschmiert, dass einem anderen vermutlich ganz schlecht geworden wäre. Dem Schüssel hat das natürlich getaugt wie den Sturm-Spielern der Spielautomat.
"Dann hab ich ihm gratuliert zum Finanzminister.", sagt der Franz und es schüttelt ihn wieder vor Lachen. "Wie zum Finanzminister?", fragen wir. "Ja zum Grasser ... dass er den geholt hat. Ich hab ihm gesagt 'Das ist der Richtige' und ihm zur Entscheidung gratuliert!" und jetzt scheppert der Franz direkt vor Lachen, wie ich es noch nie gesehen habe und wir lachen natürlich auch. Das war wahrscheinlich das einzige Mal, dass sich der Franz richtig getäuscht hat. Der Schüssel hat sich freilich damals beim Franz bedankt, weil dem das getaugt hat.

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