Dienstag, 11. Oktober 2011

Über das Wetter

"Komisch warm" sei es heute gewesen, so die Leute. Ich kann da nur zustimmen, wenn mir auch im Bezug auf das Wetter der Humor immer ein wenig unterbeleuchtet vorkommt. Überhaupt kennen die Leute beim Wetter wenig Spaß. Wollte einer einmal das allgemeine Phänomen der Unzufriedenheit erklären, er müsste untersuchen, ob sein Ursprung nicht im Wetter - besser gesagt im Reden über das Wetter - zu finden ist.

Freud und Leid hängen ja immer sehr eng mit dem zusammen, was eintrifft, vor der Folie dessen, was man sich erwartet hat. Bei meteorologischen Phänomenen kommt hinzu, dass die bescheidene Prognostizierbarkeit uns das Gefühl gibt, das Wetter missverhalte sich, wenn es nicht so wird wie vorhergesagt. Das ist dann ein "blödes Wetter", eines nämlich, das man nicht einschätzen kann. Über ein solches regt man sich auf, denn es macht einem die Kleidungswahl oder die Entscheidung, ob man einen Schirm mitnehmen soll oder nicht, schwer - im extremen Fall unmöglich. (Dass es kein schlechtes Wetter gebe, sondern nur schlechte Kleidung, das ist eine allzu deutsche Weisheit, deren praktische Unbrauchbarkeit bei aller schlaumeierischer, nach außen getragener Breitbrüstigkeit wir in solchen Situationen gleich erkennen.)

Wir mögen es auch nicht sonderlich, wenn sich das Wetter nicht entscheiden kann. Wenn es uns früh morgens noch Sonnenschein verspricht, es sich dann zu Mittag anders überlegt und uns einen fröhlichen Platzregen beschert, nur um danach wieder Hoffnungen zu wecken, dass es "doch noch besser" werde. Dann aber keimt Wind auf und es bleibt bedeckt, vielleicht regnet es noch ein, zwei Mal. Hach, das regt einen auf!

Gerne machen wir uns die Vorstellung von einem saisonalen Wetterverlauf, demgemäß es im Winter kalt und im Sommer gefälligst warm zu sein hat. Die Übergangsperioden dazwischen nehmen wir einfach so hin, manchen Phänomenen geben wir eigene Namen. "Aprilwetter" zum Beispiel (aber wehe, wenn das schon im März eintritt oder gar erst im Mai!) oder "Altweibersommer". Gibt es dann Schnee im Juli oder fängt selbiger im Februar schon an zu schmelzen, dann "spielt das Wetter verrückt". Gott sei Dank gibt es jetzt den Klimawandel, der uns einander apokalyptisch zunickend sagen lässt "Jaja, die Zeiten ändern sich!"

Warum aber war es heute "komisch warm"? Es hatte doch vor etwas weniger als einer Woche noch ein äußerst warmes Herbstwetter, mit welchem verglichen es heute wahrscheinlich "etwas kühler" gewesen wäre. Nur war da der Kälteeinbruch, ein Temperatursturz von mehreren Graden Celsius, der uns hoffen machte, dass nun der Herbst richtig beginne. Dass die "kalte Jahreszeit" anbrechen würde - mit Wind, Regen und herumwirbelnden Blättern. Jetzt hat es sich das Wetter also doch wieder anders überlegt? Oder war das nur ein kurzer Jux, ein schlechter Schmäh, eine Finte, die uns auf die falsche meteorologische Fährte führen sollte?

Um diese Frage zu beantworten, muss man ironischerweise wieder einmal den Wetterbericht konsultieren. Jene allgemeine Dienstvorschrift für das Wetter also, der wir prinzipiell nicht trauen, von der aber immer alles abhängt: Entweder das Wetter verhält sich nicht entsprechend (es ist wärmer/schöner als gedacht), oder die Meteorologen sind Lügner (es ist kälter/schlechter als gedacht). Weil sich also hier die Katze wieder in den Schwanz und der Wetterfühlige in den Arsch beißt, möchte ich hier die Empfehlung abgeben, sich mit dem Wetter im Diskurs gar nicht mehr auseinanderzusetzen. Dabei üben wir nämlich bloß das Belegen von uns unerklärlichen Situationen mit unpassenden Adjektiven und grämen uns über Dinge, die keinen Gram - ein edles, allzu menschliches und deshalb schützenswertes Gefühl - wert sind. Kant hat nämlich, so viel ich weiß, nicht viel über das Wetter zu sagen. Das allein soll uns schon ein gewisser Hinweis sein...

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Freuen würde ich mich, fände irgendwer ein Kant-Zitat zum Thema Wetter!

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