Dienstag, 27. März 2012

Gänsefüßchen mit "Sinn"

Letztens in einem Tennisclub gesehen und geschmunzelt:


Schilder wie dieses begegnen uns im Alltag häufig. Nicht selten erheitert uns die ironische Brechung zwischen der durchaus ernst gemeinten Forderung (oder gar Drohung), die diesen Mitteilungen innewohnt, und der schlechten Orthographie oder Grammatik, mit der sie sprachlich realisiert wurde. Das abgebildete Exemplar aber ist ein besonderes. Nicht nur gewährt es uns tiefste Einsichten in die Grammatik von Präpositionen und die Deklination von Substantiven, auch auf semantischer Ebene ist hier nicht alles ganz klar.
Stellen wir uns einmal vor, der Verfasser dieser Botschaft hätte tatsächlich den Dativ Plural des Wortes "Schuh" verwendet. Dann stünde da:

NASSBEREICH NICHT MIT "SCHUHEN" BETRETEN  !!

Nun eröffnet sich uns ein weiteres spannendes Feld der deutschen Sprache: nämlich jenes des korrekten Gebrauchs von Anführungszeichen.
Einschub: Orthographisch am öftesten vergewaltigt werden wohl Komma und Apostroph. Ersteres, weil die Regeln, dieses korrekt zu setzen, mittlerweile nicht mal mehr der Dudenredaktion ganz klar sind. So ist die häufigste Änderung, die diesbezüglich Einzug in die letzten Rechtschreibreformen gehalten hat, jene, dass man das Komma in bestimmten Fällen setzen kann, aber nicht muss. Dass Menschen mit Freiheiten solcher Art nicht umgehen können, sollte doch bekannt sein. Die Geschichte des Apostrophs ist wiederum eine der konsequenten Falschverwendung. Über die Sache mit dem Genitiv und den Unterschied zwischen der englischen und der deutschen Sprache will ich aber jetzt kein Wort verlieren.

Das Anführungszeichen dient uns meistens dazu, eine Rede wiederzugeben. Man kennt das einerseits aus der Schule, wo man hoffentlich bis zur Vergasung das wörtliche Wiedergeben von Äußerungen anderer geübt hat. Außerdem kennt man es aus Seminar- und Masterarbeiten, in denen solche Anführungszeichen eine nicht unwesentliche Rolle spielen, wenn man Teile seiner Arbeit als von jemand anderen übernommen markieren möchte (muss!). Außerdem verwenden wir das Anführungszeichen gerne, wenn wir uns auf den Titel eines Buches, eines Artikels, eines Theaterstücks o.ä. beziehen, auch wenn dies bisweilen immer öfter mit Kursivdruck gemacht wird. Und dann können wir die Gänsefüßchen noch verwenden, wenn wir etwas im Satz hinstellen und darüber eine Aussage machen wollen. Ein Beispiel hierzu: Das Wörtchen "mit" ist eine Präposition, die den Dativ verlangt.

Wofür wir Anführungszeichen aber nicht benutzen, ist die Hervorhebung von Wörtern oder Satzteilen. Wollen wir in einem Satz etwas betonen, so stehen uns in der Schrift die Mittel des Kursiv-, oder Fettdrucks sowie - weniger elegant - jenes der Unterstreichung zur Verfügung. Auch gesperrt gesetzte Buchstaben erweisen hier nützliche Dienste. Nicht aber die Gänsefüßchen.
Diese haben nämlich noch eine interessante semantische Funktion: Wir benützen sie, um Uneigentlichkeit auszudrücken, d.h. etwa bei der Markierung von Ironie. In dieser Funktion haben sie sogar Einzug in die Face-to-face-Kommunikation gehalten. Kein anderes Satzzeichen wird mit den Händen der sprechenden Personen in die Luft gezeichnet.

Leider aber findet man die Gänsefüßchen immer öfter in falscher Verwendung vor. Die unfreiwillige Komik, die solche sprachlichen Missgeschicke fürderhin erzeugen, ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen Gemeintem und Verstandenem. So gibt es Wirte, die auf den Tafeln vor ihrem Gasthaus ihren "frischen" Salat bewerben. Niemals würde ein Wirt zum Tisch kommen und bei dem Wort "frisch" Gänsefüßchen in die Luft zeichnen, böte er seinen Gästen den Salat an. Weitere Beispiele:
"Gutes" vom Rind: Was das wohl sein mag?
"Neu": Also nicht ganz neu?
Suchen "verlässlichen" Mitarbeiter: Da will wohl jemand seine Firma absichtlich zugrunde richten?

***

Was nun wohl in obigem Beispiel mit den "Schuhen" gemeint ist? Es handelt sich offenbar um keine richtigen Schuhe, sondern eben um "Schuhe". Da fallen mir spontan FlipFlops ein, bei denen es sich nur bedingt um tatsächliche Schuhe handelt. Jemand will hier wohl sein Missfallen über das Schuhwerk jener ausdrücken, die das Schild lesen, und ihnen mitteilen, dass man den Nassbereich gefälligst mit richtigen Schuhen zu betreten hat und nicht mit Fußbedeckungen, die der Bezeichnung "Schuhe" nicht würdig sind!

Ein selbstbewusster Blick auf meine Fußbekleidung indes hat mir versichert, dass es sich dabei um ordentliches Schuhwerk handelt und ich bin extra in den Nassbereich gegangen, obwohl ich dort gar nichts zu suchen hatte.

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