Aufgeregt dreht sich der Mops im Aufzug um die eigene Achse. Bald ist es soweit. Oben in der Wohnung wird schon sein Futter bereitet, und er weiß, dass er zuerst kacken muss, um an sein Futter zu kommen. Er ist mit seinem Fressnapf wie mit einer unsichtbaren Schnur verbunden. Während der nächsten paar Minuten ist er geistig beim Fressnapf. Der Mops läuft durch die Haustüre und biegt gleich rechts ab in Richtung See. Er weiß Bescheid.
Auf der Seepromenade herrscht reges Treiben. Ungewöhnlich viele Menschen spazieren hier auf und ab, machen Fotos, starren die langweiligen Enten an und lachen den Mops aus, wenn er an ihnen vorbei läuft. Der Mops sieht nämlich nicht nur lustig aus, er hat auch einen lustigen Gang. Aber der Gang des Mopses soll hier nicht Thema sein. Denn den Leuten vergeht das Lachen recht schnell, wenn sie den Mops beim Kacken beobachten müssen.
Der Mops schnüffelt den Boden entlang, dreht sich in die richtigen Position (Kopf nach Norden) und macht einen krummen Rücken. Seine Augenbrauen schiebt er dachförmig zusammen, und er scheint seine schwarzen Kulleraugen noch weiter herauszudrücken als sonst. Er sieht erbärmlich aus, wenn er kackt!
Hinten drückt er eine hellbraune Wurst heraus. Dann noch eine – und noch eine. Je mehr aus dem Mops heraus kommt, desto weicher und heller wird es. Herrje, was hat er denn gestern schon wieder gefressen? Der Mops ist fertig, stackst noch in gebückter Haltung ein paar Zentimeter weiter. Kommt da noch was? Der schwarze Plastikbeutel wird ausgerollt, meine Freude hält sich in Grenzen. Die Kacke klebt am frühlingshaften Gras. Wie schade für das Gras – gerade eben vom Schnee befreit, nun schon mit Mopskot beschmiert ...
Ich warte, ob noch was kommt, aber der Mops schnüffelt schon wieder an einer anderen Stelle. Noch bevor ich dazu komme, sein "Werk" aufzuheben, dreht er sich plötzlich um und stürmt davon – geradewegs durch seine eigenen Exkremente! Hier sei nochmals betont, dass es sich um besonders weiche Ausscheidungen handelt, deren Viskosität etwa mit jener von Nockerlteig ähnelt. Ich verstaue den Nockerlteig im Plastiksackerl, die Menschen um mich herum beneiden mich wenig, bemühe ich mich doch, das Gras sauber zu putzen. Jetzt bin ich derjenige, der erbärmlich aussieht.
Der Mops hat schon eine Grasinsel weiter erneut Platz genommen. Seine Leine ist um seinen Körper gewickelt, ein Teil davon verdeckt seinen Hinterausgang. Davon unbeeindruckt versucht das Tier den Rest des Nockerlteiges loszuwerden, der naturgemäß immer breiiger wird. Noch bevor ich die Leine vom Mops-Anus wegziehen kann, ist diese auch schon beschmutzt. Ein letzter Rest plumpst noch ins Gras, der Mops dreht und wendet sich, die Leine streift an seinem Hinterbein, an seinem Rücken und an seinem Ringelschwanz. Wild hüpft der Mops im Kreis, schnüffelt erneut, hetzt zuerst in die eine, dann in die andere Richtung. Nur mit Mühe gelingt es mir, ihn davon abzuhalten, erneut durch seine Scheiße zu tapsen.
Ich ziehe ein zweites Plastiksackerl hervor und bemühe mich, den Rest des Nockerlteigs vom Gras zu schaben, erreiche aber nur, dass sich die Kacke noch gleichmäßiger zwischen den Halmen verteilt. Dabei sieht mir ein kleines Kind zu, das sich schnell weg dreht, als ich es ansehe. Vielleicht hat es gerade zum ersten Mal das Gefühl von Fremdschämen verspürt.
Der Mops sieht mich an, als wäre nichts gewesen. Er ist im Geiste wieder ganz bei seinem Fressnapf und drängt zu gehen. Dass sein beiges Fell an verschiedenen Stellen mit hellbraunem Schiss beschmiert ist, scheint das Tier nicht zu stören. Es blickt mich erwartungsvoll an, und auch ich bin froh, wenn wir möglichst schnell nach Hause kommen. Am Weg dorthin wäge ich meine Optionen ab, wie ich den Mops sauber bekomme, bevor er auf seinen Futternapf los stürmt.
Wir warten auf den Lift, heraus springt der Nachbarshund. Ich halte den Mops am Halsband fest und versuche ansonsten möglichst nicht mit ihm in Berührung zu kommen. Auf die bekackte Leine vergesse ich dabei fast, und um ein Haar hätte ich mir den Nockerlteig an die Hose geschmiert. Der Nachbarshund ist fort, wir stehen im Aufzug, ich halte den Mops immer noch fest, auf dass er sich nicht an den Aufzugswänden reibe.
Vor der Wohnung muss er "Sitz" machen. Er gehorcht nur widerwillig. Mit der Leine weit von mir gestreckt gehe ich in die Wohnung und warne (auch etwas Hilfe suchend) meine Frau: "Der Hund ist voller Kacke! Die Leine ist voller Kacke!" Die Frau lacht nur. Ich solle ihn gleich in die Badewanne setzen, so lautet der Vorschlag. Die angekackte Leine bringe ich auf den Balkon. Der Balkon ist immer ein dankbarer Aufbewahrungsort für Dinge, die man nicht in der Wohnung haben will, und die man auch nicht dem Gang vor der Wohnung, und also den Blicken und Nasen der Nachbarn, zumuten will.
Bevor ich den Mops packe, versichere ich mich, dass die Stellen, an denen ich ihn anzugreifen gedenke, frei von Kot sind. Dann stelle ich ihn in die Badewanne. Er schaut mich entsetzt an. Warmes Wasser umspült seinen wurstförmigen Körper. Es ist ein liebes Tier und hat ja auch nichts falsch gemacht. Für den Mops ist aber eine Dusche – und vor allem das anschließende Abtrocknen – eine Strafe. Beim Abtrocknen ist sein Blick starr in die Küche gerichtet, wo schon sein gefüllter Fressnapf steht. Halb getrocknet stürzt er darauf zu und frisst. Ich stehe daneben und hoffe, dass das, was er da in sich hineinfrisst, morgen in etwas festerer Form wieder hinten herauskommt.
Als er fertig ist, leckt er sich das Maul und sieht mich an, als wäre nichts gewesen. Für ihn war ja auch nichts. Die Schmach, die Peinlichkeit, die Mühsal hatte ja ich! Ich musste die belustigten Blicke der Passanten ertragen, und den peinlich berührten Blick eines Kindes, das meine armseligen Versuche, das Gras zu säubern, mit einem Kopfschütteln quittiert hätte, wenn es denn schon gewusst hätte, dass dies die adäquate Geste für solche Situationen ist. Der Mops ist zufrieden, weil einerseits sein Darm leer, und andererseits sein Magen voll ist. Er niest noch zwei, drei Mal vor sich hin, und legt sich dann auf die Couch, von aus er mich, wie mir scheint, amüsiert betrachtet.
Mops in Badewanne |